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Proteste in Griechenland: „Es reicht, wir sind am Ende“

Griechen protestieren gegen Sparpläne – doch das Echo auf den Streikaufruf ist geringer als erwartet. Die Zwischenfälle in Athen erreichten nicht annähernd das Ausmaß vom Frühsommer, symbolisieren aber einmal mehr die Verzweiflung der Griechen.

Mit Streiks in Ämtern und Behörden, Schulen und Kliniken haben viele Griechen am Mittwoch gegen die Sparpolitik der Regierung protestiert. Weil sich auch die Fluglotsen an dem Ausstand beteiligten, war der griechische Luftraum für 24 Stunden geschlossen. Fast 450 Flüge fielen aus. Die Fährhäfen wurden ebenfalls bestreikt. Dagegen ruhte bei den öffentlichen Nahverkehrsmitteln die Arbeit nur stundenweise. In Athen hatten die Gewerkschafts-Dachverbände zu Protestkundgebungen aufgerufen. Die Resonanz war jedoch viel geringer als erwartet. In der Privatwirtschaft wurde weitgehend normal gearbeitet.

Die Griechen sind offenbar streikmüde. Statt erwarteter Hunderttausender versammelten sich nach Schätzungen von Augenzeugen nur etwa 15 000 Menschen zu den beiden Protestmärschen in Athen. Im nordgriechischen Thessaloniki waren etwa 10 000 Demonstranten auf den Beinen. Am Rand der Proteste kam es zu vereinzelten Ausschreitungen, als im Athener Zentrum vermummte Jugendliche mit Steinen und Brandflaschen die Polizei angriffen. Die Beamten setzten Tränengas ein. In der Nacht zuvor hatte die Polizei das Parlamentsgebäude am Syntagmaplatz mit einem mobilen Stahlzaun abgeriegelt, um die Demonstranten zurückzuhalten.

Die Zwischenfälle in Athen erreichten zwar nicht annähernd das Ausmaß vom Frühsommer, als sich in der griechischen Hauptstadt Randalierer mehrfach stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei lieferten und erhebliche Verwüstungen anrichteten. Aber die Bilder der eingezäunten Volksvertretung und der Demonstranten, die unermüdlich an dem Zaun rüttelten, symbolisierten einmal mehr die dramatische Lage, in der sich Griechenland befindet.

Viele Demonstranten trugen Schilder mit Aufschriften wie „Die Diebe gehören ins Gefängnis“, „Die Reichen sollen für die Krise zahlen“ und „Es reicht, wir sind am Ende“. Mit Sprechchören wie „Nehmt euer Sparprogramm und haut ab“ protestierten viele Menschen gegen die Troika, die Inspekteure der Geldgeber Griechenlands, die zurzeit in Athen die Umsetzung der Spar- und Reformauflagen prüfen. Unter den Griechen macht sich wachsende Nervosität breit, weil sich die eigentlich bereits für September erwartete Auszahlung der nächsten Kreditrate von acht Milliarden Euro immer weiter verzögert. Ohne das Geld ist Griechenland nach den Worten von Finanzminister Evangelos Venizelos Mitte November zahlungsunfähig. Die Troika verlangt aber weitere Spar- und Reformzusagen, bevor sie grünes Licht für die Kreditrate gibt, über deren Auszahlung letztlich die Euro-Finanzminister entscheiden müssen.

Die Verzögerung der Hilfsgelder ist ganz offensichtlich ein Hebel, mit dem die EU und der Internationale Währungsfonds die griechische Regierung zu weiteren Zugeständnissen zwingen wollen – ein Druckmittel, das die Gläubiger auch deshalb glauben einsetzen zu können, weil bis Dezember keine Fälligkeiten griechischer Anleihen anstehen. Lediglich Geldmarktpapiere im Volumen von rund vier Milliarden Euro muss Athen im Oktober mit neuen Schuldtiteln refinanzieren, aber das gilt als machbar. Was in Griechenland passieren würde, wenn der Staat im November keine Renten und Gehälter mehr zahlen kann, lässt sich allerdings kaum ermessen.

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