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Handschlag. Venezuelas Präsident Nicolas Maduro (links) begrüßt Oppositionsführer Henrique Capriles vor dem Treffen im Präsidentenpalast am 10. April.

© AFP

Proteste in Venezuela: Man spricht wieder miteinander

Seit zwei Monaten erschüttern Proteste gegen Chavez-Nachfolger Präsident Maduro das sozialistisch regierte Venezuela, 39 Menschen kamen bisher ums Leben. Nun gibt es erste Hoffnungszeichen. Opposition und Regierung haben sich auf den Beginn eines Dialogs verständigt. Der Vatikan soll vermitteln.

Von Michael Schmidt

Volkstribun und Ex-Fallschirmjäger Hugo Chavez ist tot - und Venezuela, das Land, dem er von 1999 bis 2013 als Präsident und "Erfinder" des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" regierte, kommt auch ein Jahr später nicht vom Fleck. Im Gegenteil. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird nicht kleiner, die gesellschaftlichen und politischen Gegensätze prallen mit unverminderter Gewalt aufeinander. Chavez-Nachfolger Nicolas Maduro steht an der Spitze eines gespaltenen, ja polarisierten Landes, dessen Protagonisten einander unversöhnlich gegenüber stehen. Die wirtschaftliche Lage ist schlecht, das Geld verliert an Wert, die Bürger stehen Schlange, um auch nur das Nötigste zu ergattern. Da bedeutet es schon eine kleine Sensation, wenn nach zwei Monaten blutiger Auseinandersetzungen mit 39 Toten Oppositionsparteien und Regierung sich darauf verständigen, sich an einen Tisch zu setzen – trotz einer seit 15 Jahren gepflegten Feindschaft.

Dialog heißt das neuentdeckte Wunderwort

Seit mehr als acht Wochen gehen die Gegner von Maduros Sozialisten auf die Straße. Maduro wähnt sich von Feinden umzingelt. "Man hat mich in diesem einen Jahr so sehr angegriffen wie den Comandante Chavez in 14 Jahren. Staatsstreichversuche, ökonomischer Krieg, psychologischer Krieg – von allem." Maduro hat versucht, seine Gegner als Faschisten zu diffamieren - immerhin jeder zweite Venezolaner. Trotz harter Polizeieinsätze bekommt Maduro die protestierenden Studenten nicht von der Straße. Jetzt tut sich möglicherweise ein neuer Weg auf für den angeschlagenen Präsidenten. Der Weg des Dialoges. Zu verdanken hat ihn Maduro den Vermittlungsbemühungen der südamerikanischen Unasur-Staaten. Sie haben am Dienstag geschafft, was manche kaum noch für möglich hielten.

Am Donnerstagabend (Ortszeit) empfing Maduro die Vertreter der Opposition im Präsidentenpalast. Begleitet wurde das Treffen von Unasur-Vertretern und Abgesandten des Vatikans. Ein Durchbruch zeichnete sich gleichwohl zunächst nicht ab. „Hier gibt es keine Verhandlungen und keine Abkommen“, sagte der Staatschef zu Beginn der Gespräche. „Was wir suchen, ist ein Modell der gegenseitigen Toleranz.“ Parlamentspräsident Diosdado Cabello warf der Opposition vor, die linksgerichtete Regierung von Anfang an boykottiert zu haben.

Der Protest der Opposition richtet sich gegen die unzureichende Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs, die hohe Kriminalität und den autoritären Regierungsstil von Präsident Maduro. Der Staatschef wittert hingegen eine Verschwörung und wirft den Demonstranten vor, mit Unterstützung des Auslands seine Regierung stürzen zu wollen. Der Generalsekretär des gemäßigten Oppositionsbündnisses MUD, Ramón Guillermo Aveledo, forderte bei der Debatte am Donnerstag die Freilassung der festgenommenen Demonstranten und warf der Regierung vor, die Bürgerrechte der Venezolaner zu beschneiden. Der Apostolische Nuntius Aldo Giordano, den beide Konfliktparteien als Vermittler bestellt hatten, verlas einen Brief von Papst Franziskus. „Im Zentrum jedes ehrlichen Dialogs muss der Respekt und die Anerkennung des Gegenübers stehen“, hieß es in dem Schreiben des katholischen Kirchenoberhaupts.

Radikale Maduro-Gegner boykottieren das Treffen

Die radikalen Regierungsgegner boykottierten das Treffen. „Die Diktatur sollte sich glauben, dass das Volk ihr noch glaubt“, hieß es auf dem Twitter-Kanal des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo López. „Venezuela erwacht. Und es wird nicht ruhen, bis es Demokratie erlangt.“

Unterdessen lieferten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte in der Stadt Valencia erneut heftige Straßenschlachten. Vermummte kaperten mehrere Fahrzeuge, stellten sie quer zur Straße und steckten sie in Brand, wie die Zeitung „El Universal“ berichtete. Die Sicherheitskräfte feuerten daraufhin mit Tränengas und Schrotmunition in die Menge.

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