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Khomeini

© dpa

Proteste: Khomeini-Anschlag nutzt iranischer Regierung

Das Regime wird den Anschlag am Mausoleum von Revolutionsführer Khomeini für Propaganda nutzen. Für viele Iraner ist die Anlage im Süden Teherans eine Art heiliger Ort.

Berlin - Der Anschlag im Komplex des Mausoleums von Revolutionsführer Chomeini trifft den iranischen Staat ins Mark. Für viele Iraner – darunter alle Anhänger von Präsident Mahmud Ahmadinejad – ist die weitläufige Anlage im Süden Teherans eine Art heiliger Ort. Sie verehren den Revolutionsführer, hierhin pilgern sie aus dem ganzen Land mit der gesamten Familie, um den Ajatollah zu ehren. Ein Anschlag an diesem symbolträchtigen Ort, der nicht nur das Grab Chomeinis und seines Sohnes beherbergt, sondern für die Islamische Revolution an sich steht, hat immense politische Sprengkraft. Er trifft ins Herz der Macht des aktuellen Regimes – denn Chomeini hat das Konzept der Herrschaft der Rechtsgelehrten ausgearbeitet, in deren Zentrum die Autorität des Obersten Religionsführers steht. Ein Amt, das heute Ali Chamenei ausübt, der sich mit seinem Verhalten in der Krise um die offenbare Wahlfälschung in die Kritik gebracht udn angreifbar gemacht hat.

Niemand weiß, wer hinter dem Anschlag steht. Nach Angaben der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars News soll sich in einem der Innenhöfe am Samstagnachmittag ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt haben. Dabei soll es zwei Tote und acht Verletzte gegeben haben. Sicher ist aber, dass das radikal-konservative Lager um Chamenei und Präsident Mahmud Ahmadinedschad diesen Anschlag zu Propagandazwecken ausschlachten wird. Man wird es als Beweis dafür nutzen, dass die Protestierenden die Islamische Republik abschaffen wollen und dabei nicht vor Gewalt zurückschrecken. Dabei werde keine Rücksicht auf den anderen Teil der Bevölkerung genommen, der Chomeini tief verehrt; für sie wäre kein Platz in dem System, das die Protestierenden anstreben. Nun hätten sie ihr wahres Gesicht gezeigt. Das wird ein Großteil seiner Anhänger dem Regime abnehmen, sieht der Anschlag doch aus wie die direkte Antwort auf die harsche Rede Chameneis am Freitag, in der er sich hinter Ahmadinedschad stellte und Neuwahlen ausschloss. Ahmadinedschad selbst hatte im Wahlkampf Reformer und Andersdenkende so frontal angegriffen , dass viele vermuten, er wolle den gesamten Apparat von ihnen säubern.

Mit dem Anschlag ist nun bildlich geworden, dass der Machtkampf sich mehr und mehr zu einem Ringen über die Identität des Landes und über den Fortbestand der Islamischen Republik zuspitzt. Die Entfremdung zwischen beiden gesellschaftlichen Lagern wird sich noch verstärken – nicht nur ideologisch, sondern auch emotional.Wer die weinenden Männer beim Freitagsgebet gesehen hat, als Chamenei von der Größe der Revolution sprach, kann sich die Auswirkung des Anschlags vorstellen.

Es scheint schwer vorstellbar, dass jemand aus dem Lager der Protestierenden diesen Anschlag verübt hat und damit den Vorwand liefert, die gesamte Bewegung zu diskreditieren. Durchaus möglich, dass hier ein Teil der nicht so straff organisierten Basidschi-Milizen am Werk war. Sie fühlen sich als Hüter der Revolution und ihrer Ideologie und wollen sie mit Waffen verteidigen.

Mit Sorge haben die Protestierenden jedoch auch beobachtet, dass Teile der Auslandsopposition auf ihren Zug aufspringen wollen. So haben die Volksmudschahedin, eine militante schlagkräftige Truppe, die bis 2001 zahlreiche Anschläge auf Vertreter des Regimes und die Bevölkerung im Iran verübte, auf ihren Webseiten neue Aktionen im Iran angekündigt. Sie sind im Iran völlig diskreditiert, da sie im Krieg auf Seiten Iraks standen, wo sie Unterschlupf fanden.

Das Chomeini-Mausoleum ist ein imposantes Bauwerk. Die große goldene Kuppel, die vier Minarette, die großen Innenhöfe, über die man sich dem zentralen Gebäude nähert, sind das Herz eines riesigen Geländes, auf dem eine Art kleiner Stadt entstehen soll mit Forschungseinrichtungen, Besucherzentrum und Einkaufsmeile. Die 91 Meter hohen Minarette sind dank strahlender Beleuchtung auch nachts von weitem sichtbar – bei der Fahrt zum Flughafen sieht jeder Reisende den Prachtbau. Er wird von Regimevertretern regelmäßig besucht, um Nähe zum verehrten Ajatollah Chomeini zu demonstrieren. Verwaltet wird der Komplex vom Enkel des Revolutionsführers, Hassan Chomeini. Er liegt am Rande des Behesht-e-Zahra-Friedhofs, dem größten Friedhof Teherans, wo tausende Opfer des Iran-Irak-Krieges beerdigt sind. Auch er ist an den Wochenenden ein populäres Ausflugsziel für Iraner. Hier sind auch Politiker beerdigt, die Opfer von Terrorakten der Volksmujahedin wurden.

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