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Politik: Prozess gegen Milizenchef vor dem Scheitern

Internationaler Strafgerichtshof ordnet Freilassung des Kongolesen Lubanga an – Anklage erhebt Einspruch

Berlin - Der erste Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag steht zum zweiten Mal vor dem Scheitern. Am Donnerstagabend entschied die Kammer 1 des Gerichtshofs, dass der kongolesische Milizenführer Thomas Lubanga freigelassen werden müsse, nachdem der Prozess schon vor einer Woche unterbrochen worden war. Allerdings wird Lubanga nicht sofort auf freien Fuß gesetzt, weil der Chefankläger, Luis Moreno Ocampo, Einspruch dagegen eingelegt hat. Bis darüber entschieden ist, bleibt Lubanga, der seit 2006 in Den Haag in Untersuchungshaft sitzt, im Gefängnis.

Selbst wenn Moreno Ocampo mit seinem Einspruch scheitern sollte, dürfte Lubanga erst dann freigelassen werden, wenn sich ein Staat gefunden hätte, der bereit wäre, ihn aufzunehmen. Der Grund für die Prozessunterbrechung ist, dass sich die Anklage weigert, den Namen eines Mittelsmanns aus Bunia, der größten Stadt in der ostkongolesichen Provinz Ituri, preiszugeben. Der Vorsitzende Richter Adrian Fulford hatte entschieden, dass die Identität des Mann einem eingeschränkten Kreis der Verteidiger offenbart werden müsse. Die Verteidiger Lubangas werfen der Person vor, Zeugen bestochen zu haben, damit sie gegen Lubanga aussagen. Die Anklagevertretung verweigerte den Schritt, den Richter Fulford mehrfach angeordnet hatte, mit dem Argument, es gebe Sicherheitsrisiken für den Mittelsmann.

In der Begründung für die Freilassung Lubangas heißt es wörtlich: „Kein Strafgerichtshof kann auf der Basis arbeiten, dass wann immer er eine Entscheidung trifft, der Chefankläger entscheidet, ob er den Beschluss umsetzt, und zwar auf der Basis seiner Interpretation seiner Pflichten.“ Schon vor der Eröffnung des Prozesses hatte es eine ähnliche Auseinandersetzung gegeben. Im Jahr 2008 ordnete Fulford bereits einmal die Entlassung Lubangas an, weil der Chefankläger sich geweigert hatte, der Verteidigung notwendige Dokumente zugänglich zu machen, die nach Fulfords Einschätzung für ein „faires Verfahren“ notwendig sind. Erst nachdem die Unterlagen weitergereicht worden waren, eröffnete Fulford den Prozess im Januar 2009.

Thomas Lubanga ist angeklagt, weil er im Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo in den Jahren 2002 und 2003 tausende Kindersoldaten in seine Rebellentruppe gezwungen haben soll. Lubanga hatte mit seiner Lendu-Miliz damals Dörfer der Volksgruppe der Hema angegriffen, Massaker angerichtet und die Häuser geplündert. Vor Gericht steht er allerdings nur wegen der Anwerbung von Kindersoldaten. Der kongolesische Präsident hatte 2006 die Auslieferung Lubangas nach Den Haag angeordnet. deh

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