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Prozess: Mutmaßlicher Attentäter von Bombay widerruft Geständnis

Auf Anraten seines neuen Anwalts hat der mutmaßliche Attentäter von Bombay sein Geständnis widerrufen. Fraglich ist auch, ob der Prozess die Hintergründe der Anschläge wirklich aufklären kann.

Immer dieses Grinsen, dieses breite Grinsen. Schon auf dem Foto, das ihn zeigt, wie er mit dem Schnellfeuergewehr in der Hand Ende November 2008 mordend durch Bombay zieht, grinste er. Auch als er diese Woche den Richtern vorgeführt wurde, soll er gelacht und wie ein Teenager gekichert haben. Nach vielen Verzögerungen begann am Freitag in Bombay der Prozess gegen den einzig überlebenden Attentäter des Terror-Massakers mit über 170 Toten, den Pakistaner Mohammed Ajmal Kasab.

Erst am Vortag hatte das Gericht ihm einen neuen Verteidiger, den Anwalt Abbas Kazmi, zur Seite gestellt, nachdem die Pflichtverteidigerin zwei Tage zuvor abgesetzt worden war. Als Erstes soll Kazmi seinem Mandaten geraten haben, das Lächeln zu lassen. „Lachend verhöhnt Kasab seine Opfer“, hatten Medien geschrieben. Aber vielleicht ist der mutmaßliche Terrorist mit dem Jungengesicht in Wirklichkeit auch völlig verunsichert, beschränkt oder ein wenig zurückgeblieben. Jedenfalls folgte er am Freitag dem Rat Kazmis und verhielt sich bei der Verhandlung ruhig, berichteten TV-Sender

„Mein Mandant versteht die Schwere der Vorwürfe gegen ihn nicht“, meinte Kazmi, der sich erst noch durch die 11 000 Seiten füllende Anklage wühlen muss. Auf sein Anraten widerrief Kasab umgehend sein Geständnis. Dieses sei erzwungen gewesen, sagte Kazmi. Tatsächlich zweifelt in Indien kaum jemand daran, dass man Kasab mit „Wahrheitsdrogen“ vollgepumpt und bis zum Erbrechen gefoltert hat. Niemand bezweifelt aber auch, dass er schuldig ist. Der Schock und die Wut über das Blutbad in Bombay sitzen bei vielen Indern tief.

Beobachter bezweifeln aber, ob der Prozess wirklich die Hintergründe der Anschläge aufklärt. Die brisanteste Frage ist, ob die Hintermänner auch in Pakistans Geheimdienst ISI sitzen – und wie diese heißen. Ob Kasab dies weiß, ist fraglich. Er scheint eher ein tödliches Werkzeug, das von anderen zum Morden abgerichtet wurde. 

Christine Möllhoff

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