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Dschochar Zarnajew - der mutmaßlichen Bombenleger von Boston.

© AFP

Update

Prozess um Anschlag bei Boston-Marathon: Anklage bezeichnet Boston-Bomber als Dschihadisten

Bekommt er die Todesstrafe? Im Prozess gegen den Bombenattentäter beim Boston-Marathon wird am Dienstag ein Urteil erwartet. Ein Schuldspruch gilt als sicher. Die Staatsanwaltschaft bezeichnet den Angeklagten als Dschihadisten.

Im Prozess um den Bombenanschlag auf den Boston-Marathon vor zwei Jahren hat die US-Staatsanwaltschaft dem Angeklagten terroristische Motive vorgehalten. Dschochar Zarnajew und sein Bruder hätten sich als islamistische Gotteskrieger verstanden und kaltblütig Bürger umgebracht, sagte Staatsanwalt Aloke Chakravarty am Montag in seinem Schlussplädoyer. Zarnajews Verteidigung versuchte in ihrem Plädoyer, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass er ein ganz normaler Schüler gewesen sei und nicht die Hauptschuld an der Tat trage. Unmittelbar nach den Plädoyers ging der Fall an die Geschworenen. Sie sollen am Dienstag mit ihren Beratungen beginnen. Ein Schuldspruch gilt als sicher, weil auch die Verteidigung einräumte, dass Zarnajew auf der Zielgeraden des Traditionslaufs zwei Bomben gezündet hat.

Ihm wird vorgeworfen, bei dem Anschlag im April 2013 drei Zuschauer getötet und 260 Menschen zum Teil sehr schwer verletzt zu haben. Der damals 19-jährige Dschochar wurde vier Tage nach dem Anschlag schwer verletzt in einem Vorort von Boston festgenommen. Er ist insgesamt in 30 Punkten angeklagt, unter anderem auch wegen Mordes an einem Polizisten während der Flucht einige Tage nach der Tat. 17 der Punkte wiegen so schwer, das sie mit der Todesstrafe geahndet werden könnten. "Nichts an diesem Tag war eine Wendung des Schicksals", sagte Chakravarty über den 15. April 2013. "Das war eine kalte, kalkulierte terroristische Tat." Dschochar und Tamerlan Zarnajew hätten sich als "Mudschaheddin" gefühlt, die ihren Kampf nach Boston getragen hätten. Es handelte sich um den schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001.

Verteidigung versucht Todesstrafe zu verhindern

Dschochar Zarnajew habe Amerika „bestrafen“ und dabei bewusst auch kleine Kinder zu Opfern machen wollen, sagte Chakravarty. Der Staatsanwalt las eine Botschaft vor, die Dschochar kurz vor seiner Festnahme an die Innenseite eines trockengelegten Bootes gekritzelt haben soll. Darin warf der junge Mann der US-Regierung die Tötung von Muslimen im Irak und in Afghanistan vor.Die Verteidiger des heute 21-Jährigen meinten, der Strippenzieher sei sein sieben Jahre älterer Bruder Tamerlan gewesen, der bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei wenige Tage nach der Tat erschossen wurde. Es sei falsch, ihren Mandanten als Dschihadisten hinzustellen, sagte die Anwältin Judy Clarke. „Ohne Tamerlan wäre das nie passiert.“ Zarnajew verfolgte die Ausführungen der Staatsanwaltschaft weitgehend regungslos. Der Angeklagte hatte formal auf nicht schuldig plädiert, seine Anwältin Judy Clarke räumte die Beteiligung des 21-Jährigen aber ein. Während der rund einmonatigen Verhandlung hatte Clarke nur vier Zeugen aufgerufen, während auf Seiten der Staatsanwaltschaft 92 Zeugen aussagten. Die Strategie der renommierten Strafverteidigerin zielt offenbar ganz darauf ab, die drohende Todesstrafe für Zarnajew zu verhindern. Clarke hatte bereits mehreren prominenten Angeklagten wie dem als "Unabomber" bekannt gewordenen Ted Kaczynski und dem Mitverschwörer der Anschläge vom 11. September 2001, Zacarias Moussaoui, die Todesstrafe ersparen können.

Mit Spannung wird die Schlussphase des Prozesses erwartet, wenn über das Strafmaß entschieden wird. Die Verteidigung zielt darauf ab, die Todesstrafe abzuwenden. Der US-Bundesstaat Massachusetts hatte Exekutionen zwar in den frühen 1980er Jahren abgeschafft und die letzte Hinrichtung fand 1947 statt. Aber Zarnajew muss sich in einem Bundesverfahren verantworten, und das Bundesrecht erlaubt generell die Todesstrafe - also auch in Massachusetts. (dpa)

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