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Der Altpräsident, ein Kontrollfreak? So sieht es Olaf Glaeseker (links).

© REUTERS

Prozessauftakt gegen Wulffs ehemaligen Sprecher: Glaeseker wegen Korruption vor Gericht

Einst nannten sie sich in E-Mails „Schnulli“ und „Oberschnulli“, jetzt sitzen sie auf der Anklagebank. Am Montag hat der zweite Teil der Aufarbeitung der Affäre um Christian Wulff vor dem Landgericht Hannover begonnen.

Seinem Ex-Sprecher und Vertrauten Olaf Glaeseker wird vorgeworfen, in seinem Amt in der niedersächsischen Staatskanzlei Sponsoren für gewinnträchtige Partys des Eventmanagers Manfred Schmidt eingeworben zu haben. Als Gegenleistung für seinen Einsatz bei den sogenannten „Nord-Süd-Dialogen“ soll es Urlaube und Gratisflüge zu Schmidts Domizilen in Frankreich und Spanien gegeben haben.

Wie Wulff weist auch Glaeseker die Anschuldigungen zurück. „Mein Engagement für den Dialog war allein im Landesinteresse“, sagt der 52-jährige gelernte Zeitungsredakteur. Die Besuche beim Mitangeklagten Schmidt seien „ausschließlich freundschaftlich motiviert“. Der Verdacht gegen ihn werde seiner Person, Haltung und Arbeitsweise nicht gerecht. Er habe sich hier „über das Alltagsgeschäft hinaus“ engagiert.

Die Geschichte wurde ruchbar, als Journalisten Ende 2011 Wulffs Umfeld zerpflückten. Vom Treiben seines Freundes und Beraters will dieser als damaliger Ministerpräsident nichts erfahren haben. Glaeseker hatte Wulff schon als CDU-Sprecher begleitet und dessen Aufstieg medial inszeniert. Bei seinem zweiten Wahlsieg 2008 dankte Wulff es ihm mit einem Posten als Staatssekretär und nahm ihn später mit ins Präsidialamt.

Der bullig wirkende Ex-Leistungssportler sagt von sich, er habe blind gewusst, was Wulff wollte. Umgekehrt habe dieser aber ein Auge auf ihn gehabt, habe alles wissen wollen, was in der Pressestelle geschah. „Er war ein totaler Kontrollfreak.“ Entsprechend stellt Glaeseker das Eventprojekt als gemeinsames Anliegen dar. Im Zuge der Missstimmung nach dem Übernahmestreit um Porsche seien Baden-Württembergs damaliger Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Wulff auf den „in seinem Business als Nummer eins“ bekannten Partyveranstalter zugegangen. Schirmherrschaften sollte es geben, aber keine Steuergelder. Einen „direkten Auftrag“ zur Sponsorenwerbung habe Glaeseker dann nicht erhalten, er habe das auch „nicht als Verwaltungsaufgabe angesehen“, sich im Sinne Wulffs aber gleichwohl „für den Nord-Süd-Dialog die Beine ausgerissen“.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft mit Erfolg, jedenfalls für Schmidt. Der habe mit der Veranstaltungsreihe ein „neues Produkt ersonnen“, sagte Anne Tafelski, die auch die Wulff-Anklage mit vertritt. Mindestens 650 000 Euro soll Glaeseker eingesammelt haben, für Schmidt sei bei einer Gewinnmarge von 50 Prozent am Ende ein Gewinn von mehr als einer Million Euro herausgekommen. Glaeseker habe sich angesichts von 12 000 Euro Urlaubswert „zur Dankbarkeit verpflichtet gefühlt“: Bestechung und Bestechlichkeit. Schmidt lässt von seinem Anwalt vortragen, die Vorwürfe hätten seine berufliche Existenz zerstört.

Die Vorsitzende Richterin Renata Bürgel sieht noch „viele offene Fragen“. Sie kann nicht nachvollziehen, weshalb das Land Organisation und Kalkulation allein Veranstalter Schmidt überließ, und verliest E-Mails, aus denen hervorging, dass auch bei Glaeseker die Grenzen verschwammen.

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