zum Hauptinhalt

Putin-Kritik: Dialog statt kalter Krieg

Die Bundesregierung setzt trotz der massiven Kritik des russischen Präsidenten Putin an den USA weiter auf Gespräche. Dennoch wurden Putins Äußerungen kontrovers diskutiert.

Berlin - Der frühere Nato-Militärchef Harald Kujat sieht in dem Auftritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der Münchner Sicherheitskonferenz keinen Anlass zur Sorge. "Ganz sicherlich ist es nicht die Eröffnung eines zweiten Kalten Krieges", sagte Kujat dem Tagesspiegel. Putin habe vielmehr "auch mit Blick auf die Situation bei sich zu Hause" eine "offensive" Zwischenbilanz von fünf Jahren Kooperation mit dem Westen im Nato-Russland-Rat aus russischer Sicht gezogen. "Offensichtlich ist die russische Auffassung: Wir haben, auch politisch, sehr viel investiert, aber nicht viel bekommen", sagte Kujat.

Kujat: Deutschland fällt besondere Rolle zu

Dieser Eindruck sei nicht zuletzt mit dem alten russischen "Einkreisungssyndrom" zu erklären, das etwa durch die Stationierung von US-Truppen in Nato-Neumitgliedstaaten wie Rumänien und Bulgarien neue Nahrung erhalte. Der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur riet der Bundesregierung, unbeirrt von scharfen Tönen weiter daran zu arbeiten, Russland militärisch wie politisch näher an den Westen heran zu bringen. "Ich denke, die deutsche Politik hat eine besondere Rolle zu spielen, weil unser Verhältnis zu Russland sehr gut ist", sagte der Ex-General. "Als amtierende EU- und G-8 Präsidentschaft haben wir ja auch alle Möglichkeiten, mäßigend auf Russland einzuwirken." Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe in einem Vier-Augen-Gespräch mit Putin im Anschluss an dessen Rede signalisiert, dass sie weiter den offenen Dialog suchen werde. Merkel teile "in einer Reihe von Punkten" Putins Auffassung nicht, insbesondere seine Äußerungen zur Nato-Osterweiterung.

Westerwelle stellt sich hinter Putin

FDP-Chef Guido Westerwelle verteidigte die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Kein russischer und kein sowjetischer Präsident hat sich vorher einer solchen Diskussion mit scharfen Fragen und klaren Antworten gestellt", sagte Westerwelle dem Tagesspiegel. Das sei ein "ein enormer demokratischer Fortschritt".

Der FDP-Chef bezeichnete es als "gefährliche Fehleinschätzung", wenn Putins Rede als Drohung mit einem neuen Kalten Krieg bewertet werde und warnte vor einer "Spirale der Eskalation". In seinen Äußerungen sei Putin "klar, aber nicht übermäßig aggressiv" und "offen, aber nicht feindlich" gewesen .

Bütikofer: Innenpolitische Entwicklung heruntergespielt

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, sagte im Bayerischen Rundfunk, Putin habe in München "auf der obersten diplomatischen Ebene klare Kante geredet". Allerdings seien seine Äußerungen zu autoritären Tendenzen der russischen Innenpolitik "abweisend, ignorant und unglaubwürdig" gewesen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf Putin auf Ntv vor, mit "offenen Unwahrheiten" die innenpolitische Lage in Russland verdreht zu haben.

Putin hatte den USA auf der Münchener Sicherheitskonferenz vorgeworfen, ihre Grenzen in fast allen Bereichen überschritten zu haben. Scharfe Kritik hatte er unter anderem an den US-Plänen zur Stationierung einer Raketenabwehr in Mitteleuropa geübt. Wilhelm sagte dazu, die Russen seien 2006 im Nato-Russland-Rat über die Pläne unterrichtet worden. (Tsp/tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false