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Wegweiser. Die kanadische Nato- Delegation hat eine Landkarte getwittert, auf der das Gebiet der Ukraine als „Nicht Russland“ gekennzeichnet ist.

© Tsp

Putin und der Krieg in der Ukraine: Barack Obama und Angela Merkel können nicht viel tun

Was will Wladimir Putin? Die Analytiker der Bundesregierung bemühen sich verzweifelt, einen stringenten Plan hinter dem Vorgehen des Kreml zu identifizieren – bislang allerdings ohne Erfolg.

Von Hans Monath

Wladimir Putin hat den Westen wieder einmal überrascht. Dem russischen Präsidenten werfen EU und Nato seit Monaten vor, die Separatisten im Osten der Ukraine mit schweren Waffen und Kämpfern zu unterstützen. Der massive Einmarsch russischer Soldaten ohne Hoheitsabzeichen ins Nachbarland aber weist auf einen beunruhigenden strategischen Wechsel in Moskau hin: Bislang hatte Putin vor westlichen Gipfeltreffen stets zumindest den Ton gemildert und sich um Signale der Entspannung bemüht, auch um Uneinigkeit in die EU zu tragen. Diesmal aber ging Moskaus Machthaber aufs Ganze – obwohl sich die Staats- und Regierungschefs der EU am Sonnabend treffen und die Nato kommende Woche ihren Gipfel abhält.

Analytiker können keinen stringenten Plan erkennen

Die einzige Erklärung dafür, dass Russland nun die Hüllen fast völlig fallen lässt, lautet: Putin verfolgt Ziele, die ihm wichtiger sind als neue westliche Strafmaßnahmen, die nun unumgänglich geworden sind. Für die Bundesregierung weigerte sich ihr Sprecher Steffen Seibert am Freitag, in die Rolle des Putin-Interpreten zu schlüpfen. „Ich kann nicht die Strategie des russischen Staatspräsidenten hier darlegen“, sagte er. Tatsächlich bemühen sich die Analytiker der Bundesregierung verzweifelt, einen stringenten Plan hinter dem Vorgehen des Kreml zu identifizieren – bislang allerdings ohne Erfolg. Ob es Putin mit der Eröffnung einer neuen Front um die Entlastung der in die Defensive geratenen Separatisten im Osten der Ukraine geht oder er doch einen mehrere hundert Kilometer langen Korridor zur Versorgung der okkupierten Krim gegen die ukrainische Armee freikämpfen will, gilt in Regierungskreisen in Berlin als offen.

Die Kanzlerin vertraut Putin wenig

Nicht nur die mangelnde Berechenbarkeit Putins, sondern auch seine fehlende Glaubwürdigkeit gilt in Berlin als großes Problem. Ziemlich unverblümt machte Seibert am Freitag deutlich, wie wenig die Kanzlerin Putin schon vor der jüngsten Eskalation vertraute. Es sei auch bislang schon zu beklagen gewesen, „dass manches, was zugesagt war, nicht umgesetzt worden ist“, sagte er.

Vor dem Treffen der EU-Außenminister in Mailand appellierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit drastischen Worten an die russische Seite, es müsse verhindert werden, dass es zu einer „unmittelbaren Konfrontation zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften kommt“. Gerade weil er eine weitere Eskalation hin zu einem offenen Krieg zwischen Kiew und Moskau fürchtet, will der Außenminister ebenso wie die Kanzlerin weiter für eine diplomatische Lösung des Konflikts werben. „Aber das Ganze hat nur Sinn, wenn Russland mit offenen Karten spielt und wenn die Verneblung von Sachverhalten, wie wir sie heute Morgen gesehen haben, endlich ein Ende findet“, schränkte er ein.

Russland muss mit weiterer Verschärfung der Sanktionen rechnen

Da sowohl US-Präsident Barack Obama wie auch die Bundesregierung den Einsatz eigenen Militärs in dem Konflikt ausgeschlossen haben, steht ihnen faktisch kein Mittel zur Verfügung, die neuen militärischen Übergriffe zu stoppen. Allerdings machte Seibert am Freitag deutlich, dass Russland nun mit einer Verschärfung der Strafmaßnahmen rechnen müsse. „Bei weiterer Eskalation muss auch über weitere Sanktionen gesprochen werden“, kündigte er an. Darin ist sich die Bundesregierung mit der US-Regierung einig. Am Donnerstag hatte Merkel mit Präsident Barack Obama telefonisch über die Eskalation im Osten der Ukraine und die Reaktion darauf beraten. Beide seien sich einig gewesen, dass das russische Verhalten nicht folgenlos bleiben dürfe, teilte Seibert mit. Zugleich habe Merkel deutlich gemacht, dass die Bundesregierung sich weiter für eine politische Lösung des Konflikts einsetze.

Regierungsvertreter wollten keine Angaben dazu machen, wie Berlin die Sanktionen verschärfen will. Bislang war es den 28 Mitgliedsländern gelungen, trotz unterschiedlicher wirtschaftlicher Interessen zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen. Die EU hatte als Reaktion auf die Annexion der Krim die Verhandlungen mit Russland über ein Wirtschaftsabkommen auf Eis gelegt. In einer zweiten Sanktionsstufe identifizierte die EU 95 Personen, denen sie die Destabilisierung der Ukraine vorwirft. Ihre Konten wurden gesperrt, sie dürfen nicht in die EU einreisen. Nach dem Abschuss des malaysischen Flugzeuges verhängte die EU Wirtschaftssanktionen, die den Finanzbereich, Rüstungsgüter und Schlüsseltechnologien für den Erdölsektor treffen.

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