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Politik: Putin zum Dritten

Russlands Präsident strebt eine weitere Amtszeit an – die Verfassung sagt Nein: Jetzt sucht er nach Auswegen

Eigentlich ist es verboten, aber wenn man sehr will, darf man doch. An diese altrussische Spruchweisheit fühlten sich die Zuschauer des Staatssenders RTR erinnert, als Russlands Präsident Wladimir Putin Ende Juli beiläufig wissen ließ, er persönlich habe nicht gegen eine dritte Amtszeit, die Verfassung verbiete das jedoch. Die sieht in der Tat für das höchste Staatsamt nur zwei Legislaturperioden in Folge vor.

Zu Putins Glück fand sich bereits jemand, der bereit ist, das Grundgesetz so auszulegen, dass, wer will, auch darf: Artikel 32 nämlich räumt allen mündigen Bürgern das Recht auf Wahl in Staatsämter ein. Eben dieses Recht sieht Adam Imadajew, Abgeordneter im Parlament der Pazifikregion, im Falle Putins verletzt. Schon im September will das dortige Parlament daher der Duma – dem russischen Unterhaus – einschlägige Verfassungsänderungen empfehlen. Allerdings: Oleg Weljaschew, Vizechef der Zentralen Wahlkommission, räumt dem Vorschlag wenig Aussichten ein, er nannte ihn „bizarr“, ein Verfassungsrichter gar attestierte dem Autor der Novelle „haarsträubende juristische Unbedarftheit“.

Der indes hat für das Projekt die Unterstützung von 17 Regionen angeblich bereits in der Tasche und will bei einer Tour durch die russischen Lande im Herbst auch den Rest überzeugen. Womöglich rennt er offene Türen ein. Mehr als die Hälfte der 89 Regionalparlamente sei bereit, Putin eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Einige, so der Direktor des Instituts für regionale Probleme, Maxim Dianow, hätten per Telefon sogar Vollzugsbereitschaft nach Moskau durchgegeben, seien aber zurückgepfiffen worden.

Staatsnahe Politologen suchen bereits seit geraumer Zeit nach Varianten, die formaljuristisch keine Angriffsfläche bieten. An erster Stelle rangiert dabei die Vollendung der schon von Boris Jelzin 1997 auf den Weg gebrachten Union Russlands mit Weißrussland. Ein neuer Staat mit neuer Zählung für die Amtszeiten. Doch das Projekt könnte scheitern: An Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko, der dann de facto entmachtet würde, wie an der Opposition. Die drängt, von Kiew und Warschau unterstützt, auf demokratische Veränderungen wie in der Ukraine sowie Orientierung auf Europa und ist erklärter Gegner der geplanten „Vereinnahmung“ durch Moskau.

Scheitert die Fusion, bleiben dem Kreml noch mindestens zwei Optionen: Putin wird nach den Wahlen 2008 vom neuen Präsidenten zum Premier ernannt. Oder aber die Wahlen werden für ungültig erklärt und neue ausgeschrieben. Putin könnte dann – völlig verfassungskonform – ein drittes Mal kandidieren. Ein plausibler Grund für die Wahlwiederholung dürfte sich ohne Mühe finden lassen: mangelnde Beteiligung zum Beispiel oder größere Unregelmäßigkeiten.

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