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Perfekte Inszenierung: Russlands neuer Präsident Wladimir Putin und sein Amtsvorgänger Dimitri Medwedew, der heute sein Nachfolger als Premierminister werden soll.

© dpa

Putins Amtseinführung: Seine Majestät lassen bitten

Allein der Empfang für Putins Amtseinführung kostete 700 000 Euro. Mit dabei sind unter anderem Arnold Schwarzenegger, Gerhard Schröder und Silvio Berlusconi.

Dem gemeinen Moskauer Bürger dürften die Feierlichkeiten zur zweiten Amtseinführung von Wladimir Putin in unvergesslicher Erinnerung bleiben. Ordnungskräfte hatten das Stadtzentrum am Montag schon am frühen Morgen weiträumig abgesperrt, die sensibelsten Teile der sogenannten Protokollstrecke – die Straßenzüge, die die Wagenkolonnen Putins und des scheidenden Präsidenten Dmitri Medwedew auf der Fahrt zum Kreml passierten – waren sogar für Fußgänger tabu. Die Sicherheitsleute waren sichtlich nervös und offenbar entschlossen, bei Verstößen mit gleicher Härte durchzugreifen wie bei den Massenprotesten gegen den neuen Präsidenten am Vortag.

Nach offizieller Darstellung hatten sich an der Demo gegen Putins Rückkehr in den Kreml am Sonntag knapp 8000 Regimegegner beteiligt, die Organisatoren der Proteste sprechen von fast 20 000. Die nach dem Umzug geplante Kundgebung fand indes nicht statt, die Veranstaltung endete im Chaos, wofür unparteiische Beobachter wie der Politikwissenschaftler Dmitri Oreschkin sowohl die Polizei als auch den radikalen Flügel der Demonstranten verantwortlich machen. Offiziell ist von 30 Verletzten und 436 Festnahmen die Rede, laut Opposition sitzen weit über 600 Protestteilnehmer in Polizeigewahrsam.

Am Montag durften die Postenketten daher nur jene passieren, die Putin für würdig befunden hatte, seiner erneuten Inthronisation beizuwohnen. Unter den rund 2000 geladenen Gästen waren auch der kalifornische Exgouverneur Arnold Schwarzenegger, Exkanzler Gerhard Schröder und Italiens früherer Regierungschef Silvio Berlusconi.

Überregionale TV-Kanäle übertrugen das rund 40-minütige Zeremoniell live. Kameraschwenks aus der Vogelperspektive zeigten neben den vergoldeten Kuppeln des Kremls auch die Anfahrt von Putins Wagenkolonne dorthin, dann das langsam mahlende Räderwerk des Glockenspiels auf dem Spasski-Turm. Über die mit rotem Teppich belegte Treppe gelangte Putin in den Großen Kremlpalast – links und rechts Gardisten in historischen Uniformen, die den Blick statt auf den alten neuen Oberbefehlshaber der Streitkräfte himmelwärts gerichtet hatten. Putin und Medwedew betraten fast zeitgleich, aber durch unterschiedliche Türen den stuckvergoldeten Andreassaal, wo Waleri Sorkin, der Präsident des Verfassungsgerichts, Putin den Amtseid abnahm. Im März hatte er bei einer umstrittenen Wahl nach offiziellen Angaben fast 64 Prozent der Stimmen für eine dritte, diesmal sechsjährige Legislaturperiode erhalten.

Zuvor hatte Medwedew Putin in seinem Geleitwort daran erinnert, dass Russlands Präsident Garant der Verfassung und der Rechte und Freiheiten ist, die das Grundgesetz allen Bürgern gewährt. Daran habe auch er sich in seiner eigenen vierjährigen Amtszeit stets gehalten.

Putin wiederum ließ die Nation nach dem Treueschwur wissen, er sei sich der Schwere der Verantwortung bewusst, die auf ihm ruhe, und sehe seine Lebensaufgabe darin, das ihm entgegengebrachte Vertrauen zu rechtfertigen. Russland schicke sich an, in eine neue Etappe seiner Entwicklung einzutreten, in der auch qualitativ neue Aufgaben zu lösen seien. Das gelte sowohl für die Modernisierung der Wirtschaft als auch für soziale Standards und die Festigung der Demokratie. Russland, so Putin wörtlich, müsse „zum Schwerkraftzentrum Eurasiens“ werden.

Während die Kreml-Kanonen 30 Schuss Ehrensalut abfeuerten, gab Medwedew Präsidentenstandarte und Atomkoffer an Putin zurück, anschließend defilierte das Präsidentenregiment im Hof an beiden Politikern vorbei. Danach gewährte Patriarch Kyrill Putin und dessen Ehefrau Ludmila eine Privataudienz. Der spätere Empfang dürfte ebenfalls in die Geschichte eingehen – weil er fast 700 000 Euro kostete. Medwedew begann fast zeitgleich Konsultationen mit allen vier Fraktionen in der Duma. Diese will ihn am heutigen Dienstag als neuen Regierungschef bestätigen.

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