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Politik: Pyrrhussieg?

In Israel wächst Kritik am Kriegsverlauf. Die Regierung rechnet vor Waffenruhe mit massivem Beschuss

Tel Aviv - Nach der Verabschiedung einer Waffenstillstands-Resolution durch die Vereinten Nationen und ihrer Zustimmung durch die Regierungen der Konfliktparteien Israel und Libanon werden in Israel zunehmend kritische Stimmen laut. In den Augen vieler Israelis ist die Resolution ein Pyrrhussieg, der sie mit einem flauen Gefühl zurücklässt.

Exakt einen Monat und einen Tag nach Kriegsausbruch und hunderten Toten und Verletzten, vor allem auf libanesischer Seite, stellte die israelische Außenministerien Zippi Livni am Sonntag fest: Israel hat die meisten Ziele, die es sich selbst gestellt hat, erreicht. Den Entscheidungsträgern sei von allem Anfang klar gewesen, dass die zwei von der Hisbollah entführten Soldaten nicht mit einer militärischen Aktion freizubekommen seien, sondern nur mittels eines politischen Abkommens. Israel hatte seine ersten Attacken gegen Hisbollah-Ziele ausdrücklich mit dem Willen, die verschleppten Soldaten zu befreien, begründet.

Mit 24 Stimmen bei Enthaltung des vorherigen Verteidigungsministers und Ex-Generalstabschefs Shaul Mofaz stimmte die Gesamtregierung für die UNO-Resolution 1701. Sie verpflichtete sich damit, die Bodenoffensive zu stoppen und die Bombardierungen aus der Luft und den Artilleriebeschuss einzustellen. Livni betonte bei der anschließenden Pressekonferenz, die israelischen Truppen würden so lange in der grenznahen südlibanesischen Region bleiben, bis libanesische Einheiten und internationale Truppen bis dorthin vorgerückt seien. Alle Soldaten hätten das Recht zum Waffeneinsatz, sofern sich ein solcher als notwendig erweise.

Während der Regierungssitzung schlugen mindestens 180 Katjuscha-Raketen in Galiläa ein. Während der anschließenden Pressekonferenz der Außenministerien Zippi Livni explodierten allein 13 Mittelstreckenraketen in Haifa und Umgebung. Der massive Raketenbeschuss Nordisraels hielt auch nach dem Treffen der israelischen Regierung an. Auf israelischer Seite wird zum Abschluss der Kampfhandlungen mit besonders schwerem Raketenbeschuss durch die Hisbollah gerechnet.

Erwartungsgemäß stießen die Waffenstillstands-Resolution, der Regierungsbeschluss und die Kriegsführung durch Regierungs- und Armeespitze auf Kritik. Übereinstimmung herrschte in einem Punkt. „Wir haben nicht gewonnen" lautete der Titel des Kommentars auf Seite Eins der Zeitung „Yedioth Ahronoth“. Die rechte Opposition monierte, Israel hätte von Anfang an eine große Bodenoffensive starten müssen. Auf der Gegenseite wurde die laufende Bodenoffensive im Südlibanon kritisiert. Es sei untragbar, dass Ministerpräsident Ehud Olmert und Verteidigungsminister Amir Perez den Angriff befohlen hätten, obwohl die Verabschiedung einer Waffenstillstands-Resolution absehbar war.

Charles A. Landmann

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