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Politik: Quadratur des Kreises

Neue Kosovo-Runde: Albaner dringen auf Unabhängigkeit, Serbien bleibt stur

Erneut steigen die Kontrahenten am heutigen Freitag in New York in den Verhandlungsring. Und weiter geht der zähe Kampf um den Status des von Serbien wegstrebenden Kosovo. Denn weder Serbiens Regierung noch die Kosovo-Albaner zeigen sich vor den von der „Troika“ (EU, Russland, USA) moderierten Direktverhandlungen kompromissbereit.

Serbien werde „niemals“ die Existenz eines unabhängigen Kosovo auf dem eigenen Territorium akzeptieren, versicherte Serbiens Premier Vojislav Kostunica. Die Kosovo-Albaner hätten es nicht nötig, „um Erlaubnis“ für die Unabhängigkeit des seit 1999 von der UN verwalteten Kosovo zu fragen, konterte Veton Surroi, Mitglied der albanischen Delegation. Pristina wolle Serbien allenfalls „gutnachbarschaftliche Beziehungen zweier unabhängiger Staaten“ anbieten.

Die Hoffnungen auf ein einvernehmliches Ende beim Tauziehen um die Zukunft des Kosovo, das zu 95 Prozent von Albanern bewohnt, aber formell zu Serbien zählt, sind daher gering. Zu unvereinbar scheinen die Positionen. Nach Jahren einer provisorischen internationalen Verwaltung wollen sich die Kosovo-Albaner nicht mehr auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten lassen – und pochen auf die mehrmals zugesagte Unabhängigkeit. Vor allem von den USA fühlen sie sich gestützt. Doch genau die Unabhängigkeit schließt Belgrad rigoros aus. Unterstützt von Russland ist Serbien allenfalls zu einer Autonomieregelung bereit. Die EU ist zwar um Konsens bemüht, doch sind ihre Reihen keineswegs geschlossen. In Ländern mit Minderheiten regt sich Widerstand: Neben Spanien und Griechenland gelten Zypern, Rumänien und die Slowakei als Gegner eines unabhängigen Kosovo.

Vor allem ausländische Diplomaten brachten in den letzten Wochen das Szenario einer Teilung des Kosovo oder das Modell eines Staatenbunds ins Spiel. Der sollte es Belgrad ermöglichen, trotz einer faktischen Unabhängigkeit des Kosovo das „Gesicht zu wahren“. Doch in Serbien bleibt man skeptisch: Bei einem Staatenbund fürchtet Belgrad, dass die Albaner sich ähnlich wie die Montenegriner hernach einfach per Volksabstimmung aus der Zwangsehe verabschieden könnten. Die Abtrennung des überwiegend serbisch besiedelten Norden des Kosovo würde wiederum nicht nur die Serben in den Enklaven im Süden der Provinz isolieren. Die Neuziehung der Grenzen könnte auch bei den Nachbarn für neue ethnische Spannungen sorgen. Denn außer Mazedonien beherbergt auch Südserbien eine große albanische Minderheit.

Am wahrscheinlichsten scheint derzeit, dass die Verhandlungen abermals fehlschlagen. Die Frage ist dann, ob die Kosovo-Albaner die Drohung einer einseitig proklamierten Unabhängigkeit wahr machen – und die USA mit deren Anerkennung tatsächlich den offenen Konflikt mit dem erstarkten Russland zu riskieren wagen. Der EU dürfte ein Scheitern mit Sicherheit neue Zerwürfnisse bescheren. Aber daran scheint Moskau offenbar ohnehin am meisten gelegen.

Thomas Roser[Belgrad]

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