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Politik: Rätselraten um Bekennerschreiben - vor Ort wurde ein Brief mit Kritik an Konsumverhalten der Russen gefunden

Der Anschlag auf ein Moskauer Einkaufszentrum könnte nach den Worten des russischen Innenministers Wladimir Ruschailo auch das Werk moslemischer Rebellen sein. Dies sei zwar nur eine Möglichkeit, aber sicherlich keine vollkommen unbegründete, sagte der Minister am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Der Anschlag auf ein Moskauer Einkaufszentrum könnte nach den Worten des russischen Innenministers Wladimir Ruschailo auch das Werk moslemischer Rebellen sein. Dies sei zwar nur eine Möglichkeit, aber sicherlich keine vollkommen unbegründete, sagte der Minister am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Polizei geht laut Interfax auch einem Bekennerschreiben nach, das am Tatort gefunden wurde. Es stamme von einer Gruppe, die sich "Union der Revolutionären Schreiber" nenne. Bei dem Anschlag waren am Dienstag nachmittag 41 Menschen verletzt worden. 24 der Verletzten wurden am Mittwoch noch in Krankenhäusern versorgt. Die Sicherheitsvorkehrungen am Kreml wurden unmittelbar nach dem Anschlag verstärkt.

Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow hatte am späten Dienstagabend in einem Fernsehinterview von einem "terroristischen Akt" gesprochen. Luschkow, unter dessen persönlicher Leitung das Einkaufszentrum gebaut worden war, rief die Moskauer Bürger via Fernsehen auf, sich auf öffentlichen Plätzen aufmerksam zu verhalten und die Polizei auf verdächtige Gegenstände aufmerksam zu machen. Bisher fehlten jedoch die Beweise, dass islamischen Separatisten dafür verantwortlich seien, sagte Luschkow. Für eine zunächst vermutete "dagestanische Spur" gab es auch laut dem Chef des Inlandsgeheimdienstes, Nikolai Patruschew, keine Hinweise. Der tschetschenische Vizepremier Kasbek Machaschow wies am Mittwoch Vermutungen, hinter dem Anschlag steckten Tschetschenen, zurück. IN Moskau sei es Tradition, in den Minuten nach einer Explosion von einer "tschetschenischen Spur" zu sprechen.

Das Einkaufszentrum "Manege" öffnete gestern wie gewohnt um elf Uhr vormittags seine Pforten. Nur die unterste Etage blieb geschlossen. Nach offiziellen Angaben ist ein Schaden von 500 000 Dollar entstanden. Die Explosion sei durch einen Sprengstoff mit der Wirkung von 150 Gramm TNT ausgelöst worden. Sicherheitsbeamte erklärten, man könne von Glück sagen, dass die 150 Gramm nur leicht verpackt waren. Bei fester Verpackung und anderer Plazierung der Bombe, hätte es wahrscheinlich Tote gegeben.

In der russischen Föderationsrepublik Dagestan kämpft die russische Armee derzeit gegen Moslem-Rebellen, die dort ein islamisches Herrschaftssystem errichten wollen. Häufig tragen auch russische rivalisierende Mafia-Banden ihre Konflikte durch Bombenanschläge aus.

Interfax meldete, bei dem Bekennerschreiben der "Union der Revolutionären Schreiber" handele es sich um eine Absage an die Konsum-Gesellschaft. "Verbraucher, wir mögen euren Lebensstil nicht, und wir sind für euch gefährlich", heiße es in dem Schreiben. Bei dem Führer der Gruppe soll es sich um Dimitri Pimenow handeln, der auch eine eigene Website unterhält, auf der er gegen "die Juden" zu Felde zieht und zum Zünden "aller Bomben" aufruft.

Das Attentat hatte sich einen Tag vor dem Beginn des neuen Schuljahres in Russland ereignet. An diesem Tag sind die Geschäfte und Einkaufspassagen traditionell sehr gut besucht. Ort der Detonation war eine Spielhalle im untersten der drei Stockwerke des Einkaufszentrums in der Nähe des Kreml im Zentrum Moskaus. Ein Augenzeuge berichtete, er habe einen lauten Knall gehört und Rauch gesehen. Durch die Detonation seien Scheiben zersplittert. Er habe auch mehrere leicht verletzte Menschen gesehen. Ein anderer Zeuge sagte, durch die Explosion sei die Decke in der untersten Etage eingestürzt. Bereits vor vier Monaten hatte eine Explosion das Intourist-Hotel, ebenfalls im Zentrum Moskaus gelegen, erschüttert.

Ulrich Heyden

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