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Machtdemonstration. Der gelungene Raketenstart Mitte Dezember 2012 wurde in Nordkorea gefeiert – und im Süden aufmerksam beobachtet.

© AFP

Raketenstart: Nordkorea verändert das Machtgefüge in Asien

Mit einem Raketenstart in den Weltraum hat das kommunistische Regime in Nordkorea den Status quo in Asien verändert. Die USA, Südkorea und andere Staaten sehen darin einen verschleierten Waffentest. Nun wird darüber spekuliert, ob die Rakete einen Satelliten ins All befördert hat.

Mit einem offenbar erfolgreichen Raketenstart hat das kommunistische Regime in Nordkorea den militärischen Status quo in Asien verändert. Die verwendete Langstreckenrakete kann auch Atomsprengköpfe tragen. Nordkorea gab an, es habe einen Satelliten ins All geschossen. Demnach umkreist der Satellit in einer Höhe zwischen 505 und 580 Kilometern die Erde.

Die Funktion des Satelliten sei noch unklar, sagte Ministeriumssprecher Kim Min Seoul. Auch könne normalerweise erst nach zwei Wochen gesagt werden, ob der Satellit fehlerfrei arbeite. Aber „im Moment arbeitet er normal“. Die Umlaufzeit auf einer elliptischen Bahn betrage 95,4 Minuten. Kim berief sich auf Daten des Nordamerikanischen Luft-Verteidigungskommandos (NORAD).

Dagegen berichtete der US-Sender NBC auf seiner Website, das von der nordkoreanischen Rakete ausgesetzte Objekt im All scheine „außer Kontrolle zu geraten“. Es handle sich um eine Art Flugkörper, doch dessen Zweck sei noch klar, zitierte der Sender Regierungsbeamte. Wenn sich dies bestätigt, würde das einen strategischen Umbruch bedeuten. Bisher waren die Versuche Pjöngjangs gescheitert, sich an der Eroberung des Weltraums zu beteiligen und die Möglichkeiten der Satellitentechnik zu nutzen.

Die USA, Japan und Südkorea verurteilten den Raketenstart als Verstoß gegen das internationale Recht und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Das Gremium hat dem Land den Test von Interkontinentalraketen verboten und wollte sich noch am Mittwoch mit dem Thema befassen. Das Weiße Haus bewertete den Start als „hochgradig provokativen Akt, der die Sicherheit in der Region bedroht“. Japan nannte die Handlung „nicht akzeptabel“. Südkorea berief das Sicherheitskabinett zu einer Krisensitzung ein.

Die Entwicklung zeigt, wie wenig verlässliche Informationen die auf Nordkorea spezialisierten Beobachter über die internen Vorgänge in dem abgeschlossenen Land haben. Am Vortag hatten südkoreanische Experten noch berichtet, der Test sei verschoben worden. Die Militärs im Norden hätten die Rakete von der Rampe zurück in eine Montagehalle gebracht. Manche hatten gehofft, die Warnungen der USA und der Nachbarländer würden den jungen Führer Kim Jong Un, der die Macht vor einem Jahr von seinem Vater Kim Jong Il übernommen hatte und kleine Anzeichen einer möglichen Öffnung des Landes ausgesandt hatte, von dem Raketenstart abhalten. Andere hatten spekuliert, das Regime würde mit dem Test bis zum Todestag Kim Jong Ils am 17. Dezember warten. Wieder andere meinten, das Land sei zu einem Start unter den harten Winterbedingungen nicht fähig, nachdem vier Versuche seit 1998 auf teils peinliche Weise gescheitert waren. Im April hatte Nordkorea internationale Journalisten eingeladen, um den damaligen Test zu beobachten. Die Rakete brach nach 90 Sekunden auseinander – was einem Gesichtsverlust für die neue Führung gleichkam.

Dieses Mal bewahrte das Regime Stillschweigen. Die Unha-3-Rakete hob am Mittwoch um 9.51 Uhr Ortszeit von der Sohae-Militärbasis in einer verschneiten Bucht an der Westküste Nordkoreas nahe der chinesischen Grenze ab. In südlicher Flugbahn stieg sie über dem Gelben Meer auf und warf die erste Triebwerksstufe ab. Die zweite stürzte wenig später zwischen Taiwan und der japanischen Insel Okinawa in das Ostchinesische Meer. Über dem Südpazifik erreichte die Rakete die Erdumlaufbahn und setzte den Beobachtungssatelliten aus.

Der Raketenstart fordert die internationale Gemeinschaft auf doppelte Weise heraus. Das gilt ganz besonders für US-Präsident Barack Obama. Erstens hat Nordkorea Nukleartests durchgeführt und seine prinzipielle Fähigkeit zum Bau von Atombomben bewiesen. Zweitens baut und testet es Raketen, die Atomsprengköpfe in andere Länder und sogar bis in die USA tragen könnten. Es hat dabei sowohl gegen internationale Auflagen verstoßen als auch gegen die Selbstverpflichtung, das Atomprogramm einzustellen, für die es sich von den USA mit der Lieferung von Energie und Nahrungsmitteln hatte bezahlen lassen. Deshalb wurden Sanktionen verhängt. Der Sicherheitsrat untersagte dem Land auch den Test von Raketen unter Verwendung ballistischer Raketentechnik.

Für das Weiße Haus bedeutet die Entwicklung in Nordkorea eine Bedrohung des Weltfriedens von ähnlichem Kaliber wie das iranische Atomprogramm. In beiden Fällen gehe es darum, ob die internationalen Regeln, die die Verbreitung von Atomwaffen verhindern sollen, halten oder nicht, sagte Ben Rhodes, der außenpolitische Strategieberater Obamas, vor ausländischen Korrespondenten vor wenigen Tagen. „Nordkorea ist in derselben Situation wie der Iran.“ Obama habe bei seiner Asienreise das Angebot an Nordkorea gemacht, die Beziehungen zu verbessern und die Sanktionen schrittweise aufzuheben, sofern das Regime das internationale Recht einhalte. Als positives Beispiel nannte er Birma. Das Regime dort habe sich geöffnet, deshalb werten die USA ihre Beziehungen mit dem Land auf. Wenn Nordkorea den Raketentest durchführe, warnte Rhodes, sei das ein Rechtsbruch. Dann würden die USA darauf drängen, die Isolierung und die Sanktionen zu verschärfen.

China bedauerte den nordkoreanischen Raketenstart. Nordkorea habe zwar das Recht auf eine friedliche Erkundung des Weltraums. Doch sei es verpflichtet, sich an die UN-Resolutionen zu halten, wonach es sein Raketenprogramm einstellen solle, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.

Die Europäische Union prüft nach Angaben ihrer Außenbeauftragten Catherine Ashton neue Sanktionen gegen das bereits weithin isolierte Land. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte vor einem Treffen der Syrien-„Freundesgruppe“ in Marrakesch: „Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollte eine deutliche Antwort auf diese Völkerrechtsverletzung geben.“ In Berlin wurde der nordkoreanische Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt. (mit dpa)

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