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Rassismus: Konferenz der leeren Stühle

Es ist ein harter Schlag für die Vereinten Nationen und ihre umstrittene Antirassismuskonferenz: Die Administration des ersten farbigen US-Präsidenten Barack Obama boykottiert das an diesem Montag in Genf beginnende Treffen – vor allem weil die Amerikaner eine massive Kritik an Israel von islamischen Ländern fürchten.

Genf - Es ist ein harter Schlag für die Vereinten Nationen und ihre umstrittene Antirassismuskonferenz: Die Administration des ersten farbigen US-Präsidenten Barack Obama boykottiert das an diesem Montag in Genf beginnende Treffen – vor allem weil die Amerikaner eine massive Kritik an Israel von islamischen Ländern fürchten. Auch Israel selbst, Deutschland, Kanada, Australien, Italien und die Niederlande wollen aus diesem Grund keine Delegationen schicken.

Weitere EU-Staaten wollen ihre Entscheidung baldmöglichst bekannt geben. Die Schweiz hingegen wird sich in dem Forum gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung engagieren. Alles in allem droht die Konferenz ein Treffen der leeren Stühle zu werden – die ohnehin unverbindlichen Entscheidungen verlieren ohne die Teilnahme wichtiger UN-Staaten noch mehr an Gewicht.

Washington kritisiert vor allem, dass der israelisch-palästinensische Konflikt durch den Entwurf des Abschlussdokumentes indirekt herausgehoben wird – in dem Text ist sonst kein anderer internationaler Konflikt erwähnt. Zudem reiben sich die Amerikaner an einem Paragrafen über Anstachelung zum nationalen, rassischen oder religiösem Hass. Muslimische Staaten dringten darauf, dass die Anstachelung verboten sein soll. Eine solche Regelung aber bedroht laut Überzeugung der US-Regierung die freie Meinungsäußerung. „Unglücklicherweise scheint es jetzt sicher zu sein, dass diese Besorgnisse in der nächsten Woche nicht mehr auszuräumen sind“, hieß es aus dem Außenministerium von Hillary Clinton am Samstag. Washington könne nicht akzeptieren, dass es in Genf zu einer Neuauflage von Durban kommt. In Durban tagte 2001 schon eine UN-Antirassismuskonferenz: Islamische Staaten verwandelten das Forum in ein Anti-Israel-Tribunal.

Insbesondere die Anwesenheit des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad könnte in Genf ein zweites Durban bewirken. Ahmadinedschad, berüchtigt für seine wüsten Ausfälle gegen den Judenstaat, leugnet auch den Holocaust. Die Israelis fordern einen Boykott seines Auftritts durch die anderen UN-Staaten. Israels Regierung verurteilte auch ein geplantes Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz mit Ahmadinedschad vor der Antirassismuskonferenz als „erbärmlich“.

Das Fernbleiben der USA hingegen nahmen Verantwortliche Israels mit Freude auf. Doch die Entscheidung der Obama-Administration löste auch Kritik aus. „Das ist eine verpasste Gelegenheit“, urteilte das schwarze Mitglied des US-Repräsentantenhauses, Barbara Lee. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hatte sich für eine Teilnahme der Amerikaner stark gemacht: Zusammen mit den anderen UN-Mitgliedern sollten die USA in Genf überprüfen, ob der Kampf gegen Rassismus seit der Durban-Konferenz von 2001 Erfolg hatte. Noch am Freitag hatte Pillay erklärt: „Wir wollen den Millionen Menschen auf der Welt, die unter Rassismus, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz leiden, Hoffnung geben.“ Jan Dirk Herbermann

Jan Dirk Herbermann

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