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Politik: Raus aus Bagdad

Wie die Deutschen jetzt den Irak verlassen wollen

Von

Von Joachim Huber

und Matthias Meisner

Jetzt wird es ernst. Seit dem Wochenende ist klar, dass jeder,Ausländer das Land verlassen sollte, weil die Kriegsgefahr stündlich steigt. Auch bei den Deutschen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Dies ist auch die einzige Aufgabe, die der einzig in Bagdad verbliebene deutsche Diplomat noch hat. Weniger als 40 sind nach Informationen des Auswärtigen Amtes noch im Land, hauptsächlich Journalisten. Die Botschaft möchte, dass alle möglichst gemeinsam das Land verlassen. Ziel ist Amman, die Hauptstadt des Nachbarlandes Jordanien. Anschließend soll die Botschaft vorübergehend geschlossen werden, wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erläutert.

„Der Konvoi der Deutschen Botschaft verlässt Bagdad am Montag, wir fahren am Dienstag,“ sagt ARD-Korrespondent Jörg Armbruster dem Tagesspiegel. Er wird nicht alleine Richtung Jordanien aufbrechen, sondern ebenfalls im Konvoi. „Unser dreiköpfiges Team ist dabei, die ARD-Hörfunkkorrespondentin Birgit Kaspar und der „Spiegel“-Kollege Bernhard Zand fahren mit, ebenso weitere Kollegen von Eurovisions-Sendern. Wahrscheinlich werden wir noch mehr.“ Der Diplomaten-Konvoi, sagt Armbruster, wäre wohl sicherer gewesen, andererseits „ist jeder Tag mehr in Bagdad wichtig“. Die Entscheidung sei mit der ARD-Chefredaktion getroffen worden, „aber es ist auch meine Entscheidung. Ich finde sie richtig.“ Armbruster sagt, er habe noch nicht alles getan, aber sie hätten alles gemacht, was sie hätten machen können.

Die Bewegung der Ausländer weg von Bagdad erfasst immer mehr Korrespondenten, laut Armbruster haben die Mitarbeiter des amerikanischen Networks NBC bereits das Land verlassen, das Team von ABC wollte nach der Rede von US-Präsident George W. Bush entscheiden. Drei wollen, wie Armbruster berichtet, auf jeden Fall am Ort bleiben: der US-Sender CNN, die britische BBC und der Sender Al Dschasira aus Qatar.

Das ARD-Team will seine gesamte Ausrüstung mitnehmen, weshalb zwei Überlandfahrzeuge mit großer Ladefläche gesucht würden. Nicht einfach zu finden, sagt Armbruster, „die Preise steigen jeden Tag, und sie steigen sehr schnell“. Vor der Abreise stehe der Gang zum Informationsministerium, um für viel Geld die notwendigen Ausreisevisa zu bekommen, „ansonsten dürfen wir nicht über die Grenze“. Die Fahrt dauere sechs bis sieben Stunden. Gleich hinter der Grenze, auf jordanischer Seite, will der ARD-Korrespondent sein mobiles Studio aufbauen.

Schon seit Mitte Februar hat das Auswärtige Amt die Deutschen im Irak aufgefordert, sich wegen der gespannten Lage auf eine bevorstehende Ausreise einzustellen. Seit Samstag wird nun eindringlich aufgefordert, das Land so schnell wie möglich zu verlassen. Nur eine kleine Gruppe will nicht gehen – zumeist Familienangehörige von Irakern. Es sind etwa deutsche Frauen, die ihren irakischen Mann auch im von Bush angekündigten „Moment der Wahrheit“ nicht alleine lassen wollen. Zur Frage, ob sich auch Deutsche Friedensaktivisten als „menschliche Schutzschilde“ in Bagdad befinden, gibt das Auswärtige Amt keine Auskunft. Einen genauen Überblick dazu gibt es nicht, zumal sich nicht jeder, der in den vergangenen Wochen in den Irak gereist ist, auch bei der Vertretung in Bagdad gemeldet hat.

ARD-Korrespondent Armbruster sagt zur Situation in Bagdad: „Es wird ungemütlich. Es gibt große Auflagen für die Arbeit, draußen, auf den Straßen, dürfen wir gar nicht mehr drehen.“ Außerdem gebe es ständige Begleiter, „Kriegsbegleiter“ nennt sie Armbruster. Kommt der Krieg? „Ich glaube ja. Die Menschen hier haben sich damit abgefunden, und ich mich auch.“

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