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Das Botschaftsgebäude von Russland in Berlin.

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Reaktion auf Gräueltaten in Butscha: Bundesregierung weist 40 russische Diplomaten aus

Berlin erklärt 40 russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“. Ex-Präsident Medwedew kündigte eine harte Reaktion Russlands an.

Als Reaktion auf die Gräueltaten gegen Zivilisten in der ukrainischen Ortschaft Butscha weist die Bundesregierung 40 russische Diplomaten aus. Die Arbeit der betroffenen Botschaftsangehörigen sei "eine Bedrohung für diejenigen, die bei uns Schutz suchen", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Dies werden wir nicht weiter dulden." Sie hätten nun fünf Tage Zeit, Deutschland zu verlassen.

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Die Bundesregierung habe entschieden, "eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären, die hier in Deutschland jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet haben", erklärte Baerbock weiter. Dies sei dem russischen Botschafter am Nachmittag mitgeteilt worden.

"Die Bilder aus Butscha zeugen von einer unglaublichen Brutalität der russischen Führung und derer, die seiner Propaganda folgen, von einem Vernichtungswillen, der über alle Grenzen hinweggeht", erklärte Baerbock. "Ähnliche Bilder müssen wir noch aus vielen anderen Orten befürchten, die russische Truppen in der Ukraine besetzt haben."

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Weiter erklärte Baerbock: "Dieser Unmenschlichkeit müssen wir die Stärke unserer Freiheit und unserer Menschlichkeit entgegensetzen." Dabei müsse "klar sein, dass wir für unsere Freiheit einstehen und bereit sein müssen, sie zu verteidigen".

Nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem Vorort von Kiew waren in Butscha Hunderte Leichen entdeckt worden. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Kleinstadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.

Faeser: Diplomaten arbeiten Geheimdiensten zu

Nach Angaben der Bundesregierung arbeiten die zu unerwünschten Personen erklärten Diplomaten alle den Geheimdiensten ihres Landes zu. "Wir haben 40 Personen ausgewählt, die wir den russischen Nachrichtendiensten zurechnen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montagabend der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben entschieden, dass diese 40 Personen nun schnellstens unser Land verlassen müssen", fügte sie hinzu. Dies sei "ein weiterer konsequenter Schritt gegen die russische Führung, die einen entsetzlich brutalen Krieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung führt".

Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten genau im Blick, welche nachrichtendienstlichen Mittel die russische Regierung nutze, sagte Faeser. Es gehe darum, Deutschland gegen russische Spionage, Einflussnahmeversuche, Lügen und Kriegspropaganda zu schützen. "Wir lassen nicht zu, dass dieser verbrecherische Angriffskrieg auch als Informationskrieg in Deutschland ausgetragen wird", sagte die SPD-Politikerin.

Auch Frankreich weist Diplomaten aus, Russland will reagieren

Kurz nach Deutschland kündigte auch Frankreich an, russische Diplomaten ausweisen zu wollen. Sie gefährdeten die nationale Sicherheit, teilte das dortige Außenministerium mit. "Dieser Schritt ist Teil einer europäischen Initiative." Nach Angaben aus Ministeriumskreisen sollen 35 russische Diplomaten das Land verlassen. Russland kündigt an, darauf zu reagieren, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Außenministerium.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland werde sich nach Ansicht der russischen Botschaft in Berlin nun weiter "verschlechtern". Sie schrieb am Montagabend im Messengerdienst Telegram: "Die unbegründete Reduzierung des diplomatischen Personals der russischen Vertretungen in Deutschland wird den Raum für die Aufrechterhaltung des Dialogs zwischen unseren Ländern verengen, was zu einer weiteren Verschlechterung der deutsch-russischen Beziehungen führen wird."

Der frühere russische Präsident, Dmitri Medwedew, kündigte eine harte Reaktion an. "Es wird symmetrisch und destruktiv für die bilateralen Beziehungen sein", schrieb der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates am Montagabend in seinem Telegram-Kanal. Die Ausweisung von Diplomaten als Druckmittel sei eine Gepflogenheit, die "sinnlos" sei und "ins Leere" führe.

Bundesregierung nutzt völkerrechtliches Instrument

Das Auswärtige Amt in Berlin machte bei der Ausweisung Gebrauch von dem völkerrechtlichen Instrument, ausländische Diplomaten zur "persona non grata" ("unerwünschten Person") zu erklären. Ihre Tätigkeit vor Ort wird durch die entsprechende Benachrichtigung an den Heimatstaat beendet. Der Heimatstaat ist völkerrechtlich verpflichtet, die "persona non grata" abzuberufen; der fragliche Diplomat oder die Diplomatin muss das Gastland innerhalb einer bestimmten Frist verlassen.

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Geregelt werden Rechte und Pflichten von Diplomaten durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD). Wichtigstes Vorrecht ist danach die Immunität eines Diplomaten. Wird er zur "persona non grata" erklärt, kann das Gastland die Immunität mit Ablauf der Ausreisefrist aberkennen.

Ein konkretes Fehlverhalten des diplomatischen Personals ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes keine Voraussetzung für die Erklärung zur "persona non grata". Vielmehr liegt dieser Schritt demnach voll im Ermessen des Gastlandes und muss nicht begründet werden.

In der Vorwoche hatten bereits mehrere Partnerländer russische Diplomaten ausgewiesen - unter anderem die USA, die Niederlande, Polen, Bulgarien, die Slowakei, Tschechien, Irland und Belgien. (AFP, dpa)

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