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Hat eine eigenwillige Sicht auf historische Ereignisse wie die Entdeckung Amerikas - der türkische Präsident Erdogan

© dpa

Recep Tayyip Erdogan: "Muslime haben Amerika entdeckt"

Christoph Kolumbus soll 1492 Amerika entdeckt haben? Blödsinn, wagemutige Muslime waren schon im Jahr 1178 da, erklärt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Dafür gebe es eindeutige Beweise.

Recep Tayyip Erdogan ist für seine Eigenheiten bekannt. Viele seiner Kritiker würden sogar sagen: berüchtigt. Da wird zum Beispiel Erdogans Hang zur Machtentfaltung genannt, der sich in Prachtbauten wie seinem neuen Palast in Ankara manifestiert. Oder man verweist auf seinen Feldzug gegen soziale Netzwerke, in der er die "schlimmste Bedrohung der Gesellschaft" sieht. Jetzt hat der Präsident mit einer eigenwilligen Geschichtsdarstellung überrascht. Der Entdecker Christoph Kolumbus kam 314 Jahre zu spät. Nicht der Genuese, sondern "muslimische Seefahrer haben bereits 1178 die Küste Amerikas erreicht", belehrte Erdogan am Samstag in Istanbul die Teilnehmer eines Treffens muslimischer Würdenträger aus Lateinamerika mit.

Erdogan behauptete in seiner vom Fernsehen übertragenen Rede zum Abschluss der Konferenz, der Islam sei in Amerika "schon weit verbreitet" gewesen, als die ersten Europäer dort 1492 eintrafen. Als Zeugen für seine These führte Erdogan ausgerechnet Kolumbus selbst an: Der habe in seinem Tagebuch notiert, er habe eine "Moschee" auf einem Berggipfel an der Küste Kubas gesehen.

Keine neue Theorie

Die Theorie, Muslime hätten Amerika entdeckt, ist allerdings nicht Erdogans Idee. Der umstrittene Gelehrte Youssef Mroueh erwähnte die angebliche Moschee auf Kuba bereits 1996 in einer Veröffentlichung. Muslime aus West-Afrika hätten Amerika schon fünf Jahrhunderte vor Kolumbus entdeckt, schrieb Mroueh. Nicht-muslimische Historiker interpretieren Kolumbus’ Tagebucheintrag jedoch anders: Der Seefahrer habe damit in einem bildhaften Vergleich eine Bergformation beschreiben wollen, die ihn an die Kuppel einer Moschee erinnerte.

Tatsächlich hat man in Amerika und der Karibik trotz der laut Erdogan "weiten Verbreitung" des Islam seit dem 12. Jahrhundert keine Reste islamischer Gotteshäuser aus jener Zeit gefunden. Doch das ist Erdogan egal. Er möchte den muslimischen Entdeckern Amerikas jetzt ein Denkmal setzen: Er plant den Bau einer Moschee in Kuba – auf dem von Kolumbus erwähnten Berg. Auch in Havanna, der Hauptstadt Kubas, wo etwa 3500 Muslime leben, will die Türkei eine Moschee finanzieren. Die Pläne sind offenbar bereits weit fortgeschritten: Eine Delegation des staatlichen türkischen Religionsamtes Diyanet war bereits in Havanna, um sich nach einem geeigneten Bauplatz in der Altstadt umzusehen.

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