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Rechenschaft. Die Regierung muss viele Berichte an den Bundestag liefern, manche gehen im Sommer unter.

© picture alliance / dpa

Rechenschaftsberichte der Regierung: Im Schutz der Sommerpause

Das Umweltministerium hat in den vergangenen Wochen mehrere Berichte veröffentlicht – still und leise. Wenn es das Ziel war, dass sie übersehen werden, ist das beinahe geglückt.

Der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) hat anlässlich einer Veranstaltung zu Ehren seines 75. Geburtstags festgestellt, dass die einzige Möglichkeit, etwas geheim zu halten, die rigorose Veröffentlichung ist. So fasste er seine Erfahrungen als Vorsitzender der Ethikkommission zusammen, die den endgültigen Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie vorbereitet hatte. Das hat sich in diesem Sommer offenbar sein aktueller Nachfolger, Peter Altmaier (CDU), zu Herzen genommen. Er hat mehrere Berichte über den Zustand der Umwelt in Deutschland mitten in der Sommerpause veröffentlicht. Wenn es sein Ziel war, dass niemand darüber diskutiert, dann war er damit erfolgreich.

Der dritte Bodenschutzbericht der Bundesregierung hat am 12. Juni 2013 das Licht der Öffentlichkeit erblickt – ohne von dieser zur Kenntnis genommen zu werden. Seit 2002 muss die Bundesregierung alle vier Jahre einen Bodenschutzbericht vorlegen. Der aktuelle ist vor allem ein umfangreicher Überblick über die Bodenschutzstrategien der Europäischen Union, der Bundesländer und doch auch des Bundes. Allzu viel Positives gab es nicht zu berichten. Kein Wunder, dass Peter Altmaier den Bericht nicht weiter kommentierte. Zwar konstatiert der Bericht eine „Verringerung von Bodenbelastungen durch Schadstoffe“. Allerdings macht er kaum Vorschläge, wie die „größte Herausforderung“ bewältigt werden könnte, die darin besteht, dass „die Erosion durch Wasser und Wind, Verdichtung und Humusschwund“ aufgehalten werden müsse. Sonst drohten die Böden ihre Aufgaben im Ökosystem nicht mehr ausreichend erfüllen zu können. Der mehr als zehn Seiten umfassende Anhang mit den Kontaktdaten aller Ministerien, Bundesbehörden, Stiftungen und internationalen Organisationen, die sich mit Bodenschutz befassen, war noch die interessanteste Information.

Am 31. Juli veröffentlichte das Umweltministerium eine Abfallvermeidungsstrategie, nachdem das Kabinett sie am gleichen Tag beschlossen hatte. Das Kernstück der Strategie sind 34 konkrete Vorschläge, wie Abfälle vermieden werden könnten. Diese Vorschläge werden entweder empfohlen, vor allem, wenn Kommunen oder Länder sie umsetzen sollen, oder auch nicht. Nicht empfohlen wird in dem Konzept, Subventionen abzubauen. Aber auch eine neue Steuer auf Produkte, die viel Abfall erzeugen, will die Regierung nicht empfehlen. Die meisten Empfehlungen sind freiwillige Vereinbarungen aller möglichen Akteure. Der Bund spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.

Dass mehr Abfall vermieden werden sollte, darüber ist sich das Kabinett aber offenbar einig. 2010, das sind die aktuellsten Zahlen, die zitiert werden, sind in Deutschland 332,7 Millionen Tonnen Abfall angefallen. Davon waren 49,2 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle aus Haushalten. Diese Zahl ist seit 1999 nahezu stabil geblieben. Lediglich bei Abfällen aus dem Hochbau- und dem Straßenbaugewerbe sind die Abfallmengen seit 1999 weniger geworden. Da zahlt sich offenbar aus, dass immer mehr Bauschutt sortiert und teilweise wieder verwendet wird. Dennoch ist die Fraktion Bauabfälle mit 193,3 Millionen Tonnen immer noch die größte beim gesamten Abfallaufkommen.

Der Boden wird immer weniger. Das hat er mit Pflanzen- und Tierarten gemeinsam

Schon rund um die Osterferien hatte die Bundesregierung den Rechenschaftsbericht über den Zustand der biologischen Vielfalt beschlossen. Auch das war ein Bericht, der kaum Aufsehen erregt hatte, obwohl der Inhalt durchaus besorgniserregend ist. Im Vorwort heißt es: „Der Verlust der biologischen Vielfalt zählt daher neben dem Klimawandel zu den zentralen Herausforderungen der Menschheit und zu einem der dringlichsten Politikfelder.“ Der Erfolg der Strategie zum Schutz der biologischen Vielfalt, die schon 2007 beschlossen worden war, ist bisher allerdings weitgehend ausgeblieben. Begründet wird das im Rechenschaftsbericht so: „Da in unserem dicht besiedelten und hochindustrialisierten Land der Druck auf die biologische Vielfalt zunahm, konnte eine Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt bislang nicht erreicht werden.“ Das ist noch freundlich formuliert.

Von 19 Messgrößen, die Aufschluss über den Zustand geben sollen, sind zehn „weit“ oder sogar „sehr weit“ von den formulierten Zielen entfernt. Bei sieben Indikatoren sieht sich die Regierung nicht in der Lage, auch nur eine Aussage darüber zu machen. Lediglich bei zwei Indikatoren sieht sie Fortschritte. Bei zwei zentralen Messwerten, nämlich der „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ sowie beim „Klimawandel und Frühlingsbeginn“ stellt die Regierung sogar fest, dass sich die Indikatoren immer weiter verschlechtern. Die Biodiversitätsstrategie setzt vor allem auf Dialog, der wird auch dokumentiert. Aber die Probleme liegen aber vor allem in der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Praxis. Dafür legt die Regierung keine Lösungsstrategien vor.

Der Versuch der Bundesregierung, auch den Subventionsbericht dadurch geheim zu halten, dass er in der Sommerpause veröffentlicht worden ist, kann allerdings als gescheitert gelten. Der Bericht vom 19. August enthält ein paar interessante Zahlen. Eine davon: Für die Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen gibt Deutschland 2013 immerhin 350 Millionen Euro aus. Das ist laut Subventionsbericht die fünftgrößte Subvention. Die größte ist noch immer die Steinkohleförderung mit 1,1 Milliarden Euro.

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