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Politik: Rechnung mit Unbekannten

Schröder und Stoiber haben unterschiedliche Konzepte – was letztlich nötig sein wird, wissen beide nicht

Von Albert Funk

und Antje Sirleschtov

Wenn’s ums Geld geht, beginnt in der Politik verlässlich der Streit. Und den wird es an diesem Donnerstag geben, wenn der Bundestag über den Fluthilfe-Aufbaufonds der Bundesregierung zu debattieren und das Gesetz auf den Weg zu bringen. Die Frage, wie der Fonds gedeckt und verwendet wird, ist zwischen den Parteien umstritten – abseits aller Appelle, das Thema nicht in den Wahlkampf zu ziehen. Er bedauere den Streit um die Verteilung der Mittel, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Mittwoch. Eine Aufstockung der vorgesehenen Summe von insgesamt 9,8 Milliarden Euro lehnte er ab.

Die Regierung will zur Finanzierung des Aufbaufonds die zweite Stufe der Steuerreform um ein Jahr von 2003 auf 2004 verschieben und die Körperschaftsteuer für ein Jahr um 1,5 Prozentpunkte erhöhen. Das soll 7,1 Milliarden Euro einbringen, die freilich erst im nächsten Jahr zur Verfügung stehen und in den Haushalten des kommenden Jahres irgendwie gegenfinanziert werden müssen, weil sie in der Finanzplanung schon vorgesehen sind. Schröder will eine Regierungserklärung abgeben und sein Vorgehen erläutern. Mit Spannung wird die Entgegnung von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber im Parlament erwartet. Die Union will zur Finanzierung der Flutschäden einen Teil der Bundesbankgewinne 2001 nutzen. Stoiber hatte der Regierung zwar zugesagt, deren Konzept durch Stimmenthaltung im Bundestag und Zustimmung im Bundesrat (wo die Union die Mehrheit hat) passieren zu lassen. Im Falle eines Wahlsieges soll das Konzept dann wieder zurückgezogen werden. Die FDP lehnt beide Wege als schädlich ab und will durch Sparen und Umschichten die notwendige Summe aufbringen.

Dabei weiß noch niemand, wie hoch die Schäden und damit die Summen zur Regulierung wirklich sein werden. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) vertrat am Mittwoch die Ansicht, „dass am Ende die Schäden sicher noch größer sein werden, als das jetzt geschaffene Hilfsprogramm mit zehn Milliarden Euro abdecken kann“. Zur Deckung der weiter benötigten Finanzmittel schlug er vor, Anleihen analog zum umstrittenen Job-Floater der Hartz-Kommission aufzulegen – oder auch den Bundesbankgewinn zu nutzen. Das dürfe aber „nicht heute und morgen“ geschehen, sagte Gabriel, weil damit die Verschuldung nach oben getrieben werde. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Schuldentilgung vorangekommen sei, könnten diese Mittel aber zur Schadensbeseitigung verwendet werden, sagte er.

Die wirkliche Schadenshöhe ist nicht die einzige Unbekannte im derzeitigen Flut-Wahlkampf. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wies am Mittwoch Befürchtungen zurück, dass der Bund Probleme bekommen könnte, die Ansprüche kurzfristig auch bedienen zu können. „Sämtliche Spielräume sind aus dem laufenden Haushalt abzudecken“, sagte er dem Tagesspiegel. Durch die schon verfügte Haushaltssperre würden 250 Millionen Euro frei. Zusätzlich würden auch in den Etats der Ministerien Freiräume geschaffen. Sollte das Geld zum Jahresende nicht reichen, werde man Kassenkredite aufnehmen. Bis zur Speisung des Aufbaufonds aus den Steuereinnahmen im kommenden Jahr werde man ebenfalls mit Kassenkrediten laufende Ausgaben decken. Die sich daraus ergebenden Zinsbelastungen bezeichnete Eichels Sprecher als „marginal“. Der Bund hatte den Ländern zugesichert, die Vorfinanzierung des Fonds alleine zu übernehmen. Eichel ist unterdessen optimistisch, dass das Geld reicht. Er kündigte an, nicht für die Beseitigung der Flutschäden benötigte Gelder aus der verschobenen Steuerreform zur Schuldentilgung einzusetzen.

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