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Politik: Rechnung mit Unbekannten

Abgeltungsteuer ist in ihrer Wirkung umstritten

Berlin - „25 Prozent auf x ist besser als 42 Prozent auf nix. So simpel ist die Rechnung.“ Sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Freitag im Bundestag, um die ab 2009 geltende Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge – also auf Gewinne aus Wertpapiere und Sparanlagen – zu rechtfertigen. Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linkspartei, sah es anders: „Null Prozent in Luxemburg ist besser als 25 Prozent in Deutschland. Daher geht ihre Rechnung nicht auf.“

Das Rededuell war typisch für die Debatte um die neue Steuer, die von der großen Koalition vor allem mit Blick auf die Kapitalflucht ins Ausland verteidigt wird. Ob die wirklich eingedämmt wird, ist freilich unklar. Immerhin dürfen sich Wohlhabende, die ihre Anlagen auf deutschen Konten haben, darüber freuen, dass sie darauf künftig nur noch 25 statt bis zu 42 Prozent Steuer zahlen müssen. Für Sparer und Anleger mit mittleren Einkommen dürfte sich die Lage dagegen verschlechtern. Denn ihre Steuerbelastung sinkt nicht, und weil Spekulationsfrist und Begünstigungen bei der Dividendenbesteuerung komplett gestrichen werden, müssen künftig alle Gewinne aus Wertpapieren, die nach 2009 gekauft wurden, voll versteuert werden. Die Steuer auf Dividenden steigt beträchtlich.

Langfristanleger und Belegschaftsaktionäre würden dadurch extrem hart getroffen, heißt es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Es ist wirklich erschreckend, dass ein Gesetz durchgeprügelt wird, das den Interessen der Bürger so krass widerspricht“, sagt DSW-Geschäftsführer Ulrich Hocker. Laut DSW sind die Bedingungen im internationalen Vergleich „einmalig schlecht“. In der Schweiz und Belgien sind Kapitalgewinne generell steuerfrei, in Luxemburg nach sechs Monaten, in Österreich nach einem Jahr. In Frankreich gibt es einen Freibetrag von 20 000 Euro, nach acht Jahren Anlagedauer sind die Gewinne steuerfrei. In Großbritannien liegt der Freibetrag bei etwa 13 000 Euro, wer langfristig anlegt, muss nur 60 Prozent der Erträge versteuern. In Deutschland gibt es nur den unlängst saftig gekürzten Sparerfreibetrag von 800 Euro. Frei von der Abgeltungsteuer sind die staatlich bezuschussten Riester- und Rürup-Renten und Lebensversicherungen.

Bei der DSW fürchtet man, dass die Bürger jetzt noch mehr in wenig rentable Anlageformen wie Tagesgeld und Lebensversicherungen investieren, die allenfalls den Vermögenserhalt garantieren. Wer dagegen Vermögensaufbau und eigenständige Altersvorsorge über ertragreichere, wenn auch riskantere Anlageformen wie Aktien und Fonds anstrebt, muss künftig einen erklecklichen Teil mit dem Fiskus teilen.

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