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Politik: Rechte Gewalt: 1998-1999

1998Die 14-jährige Jana Georgi aus der thüringischen Kleinstadt Saalfeld wird am 26. März 1998 auf offener Straße von einem 15-Jährigen erstochen, der kurz zuvor aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen worden ist.

1998

Die 14-jährige Jana Georgi aus der thüringischen Kleinstadt Saalfeld wird am 26. März 1998 auf offener Straße von einem 15-Jährigen erstochen, der kurz zuvor aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen worden ist. Als Motiv gibt der Jugendliche Rache für die Beschimpfung als "Fascho" an. Die Staatsanwaltschaft verneint einen politischen Hintergrund. Der Junge sei ein "Einzelgängertyp", der zwar gern Mitglied einer rechten Szene wäre, dort aber nicht akzeptiert werde. Das Landgericht Gera verurteilt den 15-jährigen im Oktober 1998 wegen Totschlags zu fünfeinhalb Jahren Jugendstrafe.

Der portugiesische Zimmermann Nuno Lourenco wird im Juli 1998 in Leipzig niedergeschlagen; er stirbt an den Folgen der Tat am 29. Dezember 1998 in Portugal. Die Täter sind acht junge Männer zwischen 15 und 20 Jahren, die nach der WM-Niederlage deutscher Fußballer gegen Kroatien laut Staatsanwaltschaft "Ausländer hacken" wollen. Das Landgericht Leipzig erkennt im September 1999 auf Körperverletzung mit Todesfolge und verurteilt den Haupttäter, einen Elektro-Lehrling, zu vier Jahren Haft, die Mitangeklagten erhalten Bewährungsstrafen.

1999

Der 28-jährige Asylbewerber Farid Guendoul (alias Omar Ben Noui) wird in der Nacht zum 13. Februar in Guben (Brandenburg) von einer Gruppe junger Rechtsextremisten gejagt. In seiner Panik tritt der Algerier in die Glastür eines Plattenbaus und zieht sich tödliche Schnittverletzungen zu. Im Juni 1999 beginnt am Landgericht der Prozess gegen elf Tatverdächtige, eine Ende der Hauptverhandlung ist frühestens im kommenden Oktober zu erwarten. Einige Angeklagte beteiligen sich an der Schändung des in Guben aufgestellten Gedenksteins für Farid Guendoul.

Der 58-jährige Frührentner Egon Effertz wird am 17. März 1999 in Duisburg von drei bekennenden rechten Skinheads totgetreten. Aus purer Lust an der Menschenjagd, wie die Täter später erklären, schlagen sie auf Effertz ein. Sie brechen seine Rippen und zertreten den Kehlkopf. Im Prozeß vor dem Duisburger Landgericht stellt der Richter fest: "Das Opfer schrie um Hilfe, Fensterläden wurden geöffnet und dennoch half niemand." Im September 1999 wird der 22-jährige Oliver P. wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Bundeswehr hatte Oliver P. vor der Tat wegen rechtsextremer Umtriebe entlassen. Seine Mittäter, der 20-jährige Stefan E. und der 17-jährige Gordon B., erhalten Jugendstrafen von zehn und acht Jahren.

Ein 44 Jahre alter Obdachloser wird am 9. August 1999 im niedersächsischen Eschede von einem 18-jährigen Berufslosen und einem 17-jährigen Gymnasiasten mit Springerstiefeln zu Tode getrampelt. Er hat die beiden wiederholt aufgefordert, "den Scheiß mit dem Skinhead-Gehabe" zu lassen. Das Lüneburger Landgericht, das im Januar 2000 fünfjährige Jugendstrafen verhängt, meint, die Tat sei nicht politisch motiviert gewesen.

Dieser Fall wird von der Bundesregierung im Februar 2000 in der Antwort auf eine PDS-Anfrage genannt

Der 35-jährige Mosambikaner Carlos Fernando wird am 15. August 1999 in Kolbermoor (Bayern) totgeprügelt. Der Täter Roman G. (31) hat sich zuvor darüber aufgeregt, dass das Auto seiner Freundin von Afrikanern zugeparkt worden sei. Das Landgericht Traunstein verurteilt G. am 16. Mai 2000 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu zehn Jahren Haft ohne Bewährung. Das Gericht sieht Ausländerhass nicht als zentrales Motiv an. Die "Nürnberger Nachrichten" zitieren G. mit den Worten: "Die Drecksneger gehören alle totgeschlagen".

Dieser Fall wird von der Bundesregierung im Februar 2000 genannt

Der 38 Jahre alte Sozialhilfeempfänger Kurt Schneider wird in der Nacht zum 6. Oktober 1999 von vier Skinheads in Berlin-Lichtenberg zu Tode gequält. Das Landgericht Berlin verurteilt im April 2000 zwei 23-jährige, einschlägig vorbestrafte Täter zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Die beiden anderen Angeklagten, 18 und 19 Jahre alt, werden nach Jugendstrafrecht zu acht beziehungsweise achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Richter sagt zwar, es habe sich nicht um ein rechtsradikales Delikt gehandelt, verweist aber auf die Gesinnung der Skinheads.

Am 1. November 1999 erschiesst der 16-Jährige Martin Peyerl in Bad Reichenhall (Bayern) vier Menschen: seine Schwester Daniela Peyerl (18), Karl-Heinz Lietz (54), Horst Zillenbiller (60) und seine Frau Ruth Zillenbiller (59). Anschließend tötet der Amokschütze sich selbst. Die Polizei entdeckt bei der Durchsuchung des Zimmers von Martin Peyerl aufgemalte Hakenkreuze, Hitlerbilder, Gewaltvideos, rechtsextreme CDs und ausländerfeindliche Parolen in einem Heft für Notizen. Laut Staatsanwaltschaft Traunstein ist das Motiv des Jugendlichen unklar, es liege "in der Persönlichkeit des Täters". Von Rechtsextremismus könne keine Rede sein, denn Peyerl habe als "verschlossen und auffällig" gegolten.

Diese Chronik wurde zusammengestellt von Karl-Hein

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