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Rechte Kriminalität: Zentralrat warnt Regierung vor "Weiter so"

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, sieht im Zusammenhang mit den neuen Zahlen rechter Kriminalität von einem "eindeutigen Trend nach oben" - und warnt die Politik vor Passivität.

Berlin - Das Bundesinnenministerium rechnet mit einem weiteren Anstieg der Zahl rechtsextremer und ausländerfeindlich motivierter Straf- und Gewalttaten in Deutschland. Nach den vorläufigen Zahlen für 2006 wurden von Januar bis Dezember im Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - Rechts" 12 238 Straftaten ausgewiesen, darunter 726 Gewalttaten und 8738 Propagandadelikte. In welchem Ausmaß die rechte Kriminalität 2006 im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hat, lässt sich aber noch nicht berechnen, da es bis April noch viele Nachmeldungen der Polizeistellen geben wird.

Für 2005 waren zunächst 10.271 Straftaten und 588 Gewalttaten gemeldet worden, deutlich weniger als die vorläufigen Zahlen für 2006. Tatsächlich wurden dann auf Grund zahlreicher Nachmeldungen 15 914 politisch motivierte Taten aus dem rechten Spektrum registriert, gut ein Viertel mehr als 2004. Die Zahl der politisch motivierten Gewaltkriminalität rechts lag 2005 bei 1034 Fällen.

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel nannte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, es "sehr verdienstvoll", dass Polizei und Justiz "sensibler mit dem Thema umgehen". Er kritisierte zugleich aber, dass sich die Bundesregierung dem Problem kaum stelle. Vor allem die zuständige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) tue nichts für ein gesamtgesellschaftliches Konzept gegen Rechtsextremismus. Die Politik behindere zivilgesellschaftliche Initiativen mehr, als dass sie sie unterstütze. "Ein ,Weiter so wie bisher' angesichts dieser Zahlen halte ich für extrem gefährlich.", sagte Kramer.

Trendaussagen nicht möglich

Belastbare Trendaussagen zur Entwicklung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität sind laut Innenministerium auf Basis von vorläufigen Zahlen nicht möglich. Die erheblichen Abweichungen zwischen den vorläufigen und den tatsächlichen Zahlen erklären sich laut Innenministerium mit der komplizierten Erfassung. Zudem ändere sich oft im Verlauf der Ermittlungen die Einstufung einer Straftat. Ein Beispiel dafür wäre der Fall des jetzt in Potsdam vor Gericht verhandelten Ermyas M.. Waren die Ermittler zunächst von einem fremdenfeindlich motivierten Angriff auf den Deutsch-Äthiopier ausgegangen, kamen im Laufe der Ermittlungen Zweifel an dieser Annahme auf.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, forderte, den Rechtsextremismus gesellschaftlich zu ächten. Nur eine aktive Zivilgesellschaft könne dem Einhalt gebieten. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten hätten sich zu einem dauerhaften Problem entwickelt. "Die steigenden Zahlen bestätigen unsere Befürchtungen, dass sich rechte Gewalt auf hohem Niveau etabliert." Roth forderte, mehr Mittel für den Kampf gegen Rechts bereitzustellen. (Tsp/tso/dpa)

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