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Rechtsanspruch auf Kita-Platz: Kabinett billigt Schröders 10-Punkte-Plan zum Kita-Ausbau

Ab August 2013 soll es den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung geben. Wie will die Bundesregierung das noch schaffen? Familienministerin Schröder hat dazu einen 10-Punkte-Plan, der heute im Kabinett vorgestellt wurde.

Von Hans Monath

Der Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige ist eine organisatorische Mammutaufgabe und zugleich ein Test, wie glaubwürdig Politik ist. Die nämlich hat hohe Erwartungen geweckt mit dem Versprechen, dem Wunsch vieler Eltern nachzukommen und Beruf und Familie besser vereinbar zu machen. Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den 10-Punkte-Plan zum Ausbau der Kinderbetreuung von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gebilligt. Dabei geht es auch um das umstrittene Betreuungsgeld.

Wie weit ist der Ausbau der Kinderbetreuung voran gekommen?

Auf dem so genannten Krippengipfel verabredeten Bund, Länder und Kommunen vor fünf Jahren, bis Mitte 2013 für 35 Prozent aller Ein- bis Dreijährigen einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, 500 000 neue und damit insgesamt 750 000 Plätze versprach die Politik. Damit würden, nach damaliger Prognose, 35 Prozent der unter Dreijährigen versorgt. Wegen der niedrigeren Geburtenzahlen rechnete man inzwischen mit einem Versorgungsgrad von 38 Prozent.

Doch es ist absehbar, dass dieses Ziel verfehlt wird. Das Familienministerium spricht gegenwärtig von 130 000 fehlenden Plätzen, die kommunalen Spitzenverbände dagegen sogar von rund 200 000. Laut den Zahlen des statistischen Bundesamtes vom März 2011 besuchten rund 520 000 Mädchen und Jungen Kindertagesstätten oder wurden in anderer Form betreut, etwa von Tagesmüttern. Das entsprach einer Quote von nur 25,4 Prozent. Selbst wenn man den bisherigen Zuwachs bis Mitte 2013 unterstellt, bleibt eine große Lücke.

Weshalb liegt man nicht im Plan?

Das Ausbautempo hat sich verlangsamt, was vor allem mit der schlechten Finanzlage der Kommunen zusammenhängt. Im Jahr 2010 wurden bundesweit noch 55 000 neue Plätze geschaffen, ein Jahr später nur noch 45 000. Bund, Länder und Kommunen schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Der Bund unterstützt den Ausbau mit vier Milliarden Euro. Laut Ministerin Schröder haben die Länder bislang mehr als 700 Millionen Euro noch nicht abgerufen. Direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern verbietet das Grundgesetz. Die Kommunen wiederum klagen darüber, dass die Länder ihnen Geld vorenthalten.

Tatsächlich verbrauchen viele Bundesländer erst die Bundesmittel für den Ausbau und planen dann Landesmittel ein, obwohl sie sich selbst auch zur Finanzierung verpflichtet haben. Wegen der Schuldenbremse fällt es ihnen dann schwer, eigene Mittel auszuweisen. Deshalb variiert die Ausbaudynamik von Land zu Land. Ohnehin liegt die Betreuungsquote in Ostdeutschland – historisch bedingt – mit 48,1 Prozent deutlich über dem Niveau in Westdeutschland, wo sie nur 17,4 Prozent beträgt. Daneben gibt es in manchen Kommunen auch andere praktische Probleme: „Erzieherinnenmangel und fehlende Grundstücke für Neubauten sind echte Aufbauhindernisse“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus.

Was droht dann im August 2013?

Von diesem Datum an haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind. Die kommunalen Spitzenverbände rechnen mit einer Klagewelle, wenn dieser Anspruch nicht erfüllt werden kann. Das Deutsche Jugendinstitut hat die Rechtslage geprüft und kommt zu dem Schluss, dass die Eltern vor Gericht gute Erfolgsaussichten hätten. Der Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) erwartet, dass berufstätige Mütter oder Väter, die keinen Betreuungsplatz finden und ungewollt pausieren müssen, von den Kommunen dann das entgangene Arbeitseinkommen verlangen werden. Städte wie München, Frankfurt am Main oder Nürnberg rechnen zudem mit einem Betreuungsbedarf von mindestens 50 Prozent, Stuttgart gar mit 60.

Was will die Familienministerin mit ihrem 10-Punkte-Plan erreichen?

Die Opposition bezeichnet die Bundesfamilienministerin auch wegen des Stockens des Betreuungsausbaus als Totalversagerin und fordert einen neuen Krippengipfel. Selbst in der schwarz-gelben Koalition gilt Schröder nicht eben als starke, glücklich agierende Ressortchefin. Auch wegen des umstrittenen Betreuungsgeldes hat die Union ihre zwischenzeitliche politische Hegemonie in der Familienpolitik eingebüßt. Für die junge Ministerin geht es darum, mit ihrem 10-Punkte-Plan den Vorwurf der Untätigkeit zu kontern und die Verantwortung der anderen Akteure herauszustellen.

Daneben wird sie auch praktische Vorschläge unterbreiten. So will sie unter anderem Anreize für Tagesmütter und Betriebskindergärten schaffen. An die Länder und Kommunen appelliert sie, auf bestimmte Bauvorschriften wie Vorgaben für Deckenhöhen zu verzichten, da die Umsetzung des Rechtsanspruchs in vielen Kommunen auch durch zu strenge Baunormen behindert werde. Die SPD kritisiert, Schröder wolle „die Tür für Billig-Kitas öffnen“. Auch der Städtetag vertritt generell die Linie, dass beim Betreuungsausbau Quantität nicht auf Kosten von Qualität gehen darf.

Worin besteht der Zusammenhang zwischen 10-Punkte- Plan und Betreuungsgeld?

Soeben, also praktisch parallel zu ihrem 10-Punkte-Plan, hat Ministerin Schröder auch den Gesetzentwurf für das Betreuungsgeld vorgelegt, das von vielen CDU-Abgeordneten abgelehnt wird. Die Sprecherin der „Gruppe der Frauen“ in der Unionsfraktion, Rita Pawelski (CDU), bekräftigte am Dienstag, sie könne dem Gesetz nicht zustimmen. Schröder will den Eindruck zerstreuen, die Regierung kümmere sich zu wenig um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und setze stattdessen allein auf die umstrittene neue Geldleistung, die auch von den meisten Familienverbänden, den Gewerkschaften und den Spitzenverbänden der Wirtschaft abgelehnt wird. Der 10-Punkte-Plan soll zeigen: Der Krippenausbau hat weiterhin Priorität.

Einige Medien wollen erfahren haben, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich einschalten und den Zuschuss des Bundes zum Ausbau der U-3-Betreuung erhöhen will, um die Kritiker des Betreuungsgeldes in den eigenen Reihen zu besänftigen. Belastbare Hinweise auf einen solchen Plan gibt es bislang allerdings nicht. Die FDP hat zudem schon vorsorglich gewarnt, dass sie nicht höhere Staatsausgaben für ein Projekt genehmigen will, das sie ohnehin nur widerstrebend mitträgt, weil es nun einmal im Koalitionsvertrag steht.

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