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Politik: Rechtschreibreform: Der Duden schreibt schon wieder anders

Wenn Ende August der neue Duden herauskommt, wird er nicht nur 5000 neue Begriffe enthalten, sondern einige bekannte Worte wieder anders schreiben. Hat die Rechtschreibreform also doch nicht die gewünschte Klarheit gebracht, steht gar die Reform der Reform bevor?

Wenn Ende August der neue Duden herauskommt, wird er nicht nur 5000 neue Begriffe enthalten, sondern einige bekannte Worte wieder anders schreiben. Hat die Rechtschreibreform also doch nicht die gewünschte Klarheit gebracht, steht gar die Reform der Reform bevor?

Den neuen Duden nahm die Tageszeitung "Die Welt" zum Anlass, gestern die Rechtschreibreform von 1996 als gescheitert zu erklären. Experten machten sich "stillschweigend" daran, die Reform zu überarbeiten, in Teilen solle sie gar zurückgenommen werden, berichtete das Blatt. Sofort kamen am Dienstag die Dementis: "Vollkommen aus der Luft gegriffen", nennt der Vorsitzende der Rechtschreibkommission, Gerhard Augst, den Bericht im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Von "vollkommenem Blödsinn" spricht Duden-Pressesprecherin Anja zum Hingst. "Was die Welt schreibt, erachten wir als haltlos", pflichtet Heiko Hartmann von Bertelsmann bei. Auch Erich Thies, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz "hat keinen Hinweis darauf, dass die Kultusministerkonferenz das Regelwerk der Rechtschreibreform ändern will".

Seit ihrer Einführung 1996 hatte es Schwierigkeiten bei der Auslegung der neuen Regeln gegeben. Verschiedene Lexika boten teilweise unterschiedliche Interpretationen. Als problematisch erwiesen sich die zusammengesetzten Wörter. Der Duden schrieb "wohl bekannt", das Lexikon von Bertelsmann "wohlbekannt". Was die "Welt" jetzt als Umkehr darstellt, war nach Aussagen aller Beteiligten ein Klärungsprozess. "Wir haben alle Abweichungen besprochen und in allen Fällen eine Einigung erzielt", sagt Augst. Bertelsmann arbeitete die Ergebnisse schon im März 1999 in ein neues Lexikon ein. Nun folgt auch der Duden. Es ändern sich also nicht die Regeln, sondern in einzelnen Fällen die Anwendung.

Ohnehin steht die Rechtschreibkommission, die mit sechs Deutschen, drei Schweizern und drei Österreichern besetzt ist, in ständigem Kontakt mit den Benutzern. Beispielsweise mit "Der Zeit" und der "Neuen Züricher Zeitung", die sich eine eigene "Hausorthografie" gaben, als vor knapp einem Jahr die Presseagenturen auf die neue Rechtschreibung umstellten. "Wir bemühen uns, im Dialog langsam eine Einheitlichkeit herzustellen", sagt Augst. Dazu suche man das Gespräch mit Software-Herstellern und Verlagen. Bis 2005 soll dann eine Studie zeigen, ob die neuen Regeln von der Bevölkerung angenommen werden.

Im Ausland zeigt man sich erstaunt. Der Kulturbeauftragte des Generalsekretariats der Schweiz, Christian Schmid, sagte dem Tagesspiegel, man habe keine Probleme mit der Rechtschreibreform und wolle an ihr festhalten. Auch der der österreichische Reform-Koordinator Fritz Rosenberger sagt, man habe sich auf eine klare, einheitliche Strukturierung der Wörterbücher geeinigt. Von einer neuen Rechtschreibreform könne keine Rede sein. Der Anteil der geänderten Wörter liegt denn auch laut zum Hingst im Promillebereich. Hartmann sieht das Problem allein darin begründet, dass an einem geänderten Wort immer "ein Rattenschwanz von ähnlichen Fällen" hänge.

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