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Politik: Rechtsextremismus: Die NPD ist vielleicht gegen die Verfassung, aber keine Bedrohung für die Demokratie

Der politische Sommer ist vorüber - und nun muss sich zeigen, was vom Sommerthema Nummer eins übrig bleibt, nämlich der Abwehr des nicht gar so neuen Rechtsextremismus. Wer die Wirklichkeit kennt, weiß, dass es dabei nicht um die eine, alles rettende Maßnahme gehen kann.

Der politische Sommer ist vorüber - und nun muss sich zeigen, was vom Sommerthema Nummer eins übrig bleibt, nämlich der Abwehr des nicht gar so neuen Rechtsextremismus. Wer die Wirklichkeit kennt, weiß, dass es dabei nicht um die eine, alles rettende Maßnahme gehen kann. Ja, er wird sich sogar die Frage stellen, ob das Thema nicht gründlich missverstanden wird, wenn es auf die Ergreifung von Maßnahmen reduziert wird.

Wie auch immer, die Diskussion über die rein symbolisch alles überragende potenzielle Aktion wird erst noch gründlich geführt werden müssen: Soll beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden, die NPD als verfassungsfeindlich zu verbieten? Geredet wurde darüber schon viel. Aber bisher klang alles doch eher nach interministerieller Beschäftigungstherapie.

Um mit der Tür ins Haus zu fallen: Von einem Verbotsantrag ist abzuraten! Warum?

Gewiss nicht deshalb, weil etwa die NPD nicht alle politische Verachtung verdiente. Dann also deshalb, weil zu befürchten wäre, dass der Verbotsantrag scheitern könnte - und die NPD hinterher noch hässlicher auftreten könnte? Auch dies wäre nicht der entscheidende Grund.

Und schließlich geht es auch nicht um die Frage: Muss die demokratische Gesellschaft, und selbst die wehrhafte Demokratie, nicht auch solche unerträglichen Stimmen ertragen können? Nein, wir brauchten nicht um die Liberalität im Lande zu fürchten, wenn ein Verbotsantrag gegen die NPD gestellt würde. Im Übrigen hätten die Karlsruher Richter selber ja das Urteil zu fällen. Und vor deren Sprüchen haben selbst liberale Sensibelchen sich doch gewiss weitaus weniger zu fürchten als vor denen der NPD.

Der entscheidende Grund liegt auf einer anderen Ebene. Um es einmal sehr simpel zu sagen: Ein Parteiverbot ist eben ein Parteiverbot! Mit anderen Worten: Das Parteiverbot ist kein Instrument der Bekämpfung gemeiner Kriminalität. Man denkt ja auch nicht an ein Parteiverbot, wenn eine Parteiführung das Parteiengesetz missachtet, sondern schaltet allenfalls den Staatsanwalt ein. Folglich stellt sich, wenn man den rechts- und verfassungsstaatlichen Instrumentenkasten in Ordnung halten und seine Gegenstände ohne Instrumentenmissbrauch einsetzen will, allein die folgende Frage: Untergräbt die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgerechnet und alleine dadurch, dass sie sich als Partei etabliert hat - und eben just das tut, wozu Parteien da sind: nämlich sich an Wahlen zu beteiligen und in den Parlamenten Mandate zu erringen.

Nur dann, wenn die Gefahr für die Demokratie gerade dadurch droht, dass eine verfassungsfeindliche Partei durch mehr oder weniger große Erfolge bei Wahlen und durch ihre Präsenz in Parlamenten zur Wirkung kommt, stellt sich die Frage nach einem Parteiverbot ernstlich. Das ist aber bei der NPD gerade nicht der Fall. Hingegen wäre angesichts der rein virtuellen Wahlkämpfe und Wahlerfolge der DVU die Frage nach einem Verbotsantrag schon eher zu stellen gewesen.

Das ist damals freilich unterlassen worden - aus wohl erwogenen Gründen. Es kommt, so der generelle Befund, eben nicht nur darauf an, ob das Treiben einer Partei materiell verfassungsfeindlich ist; es muss auch politisch opportun sein, darauf mit einem Verbot zu reagieren. Das hatte man bei der DVU verneint - und in der Tat hatten sich die unter ihrem Etikett Gewählten alsbald selber blamiert und demontiert.

Aber nach dem oben Gesagten erkennen wir nun deutlicher, was das heißt: Bevor sich die Frage nach der materiellen Verfassungswidrigkeit und anschließend jene nach der politischen Opportunität stellen, muss vorab erst einmal geklärt sein, ob die verfassungsgefährdende Wirkung tatsächlich aus der organisatorischen Eigenschaft und der spezifischen Tätigkeit als Partei, also aus dem Eindringen in die Gesetzgebungsorgane erwachsen würde.

Ist das nun ausschließlich "formaljuristisch" gedacht, was ja an sich noch kein sehr starker Einwand wäre? Nein, solche Präzision im Umgang mit Instrumenten empfiehlt sich außerdem aus pragmatischen - und kriminologischen - Gründen. Insofern es nämlich um die polizeiliche und justizielle Bekämpfung von gemeinen Verbrechen geht, ist es durchaus besser, man hat die Täter und die Organisationen, auf die sie sich stützen konkret vor Augen (mit Büro, Telefonanschluss und dem übrigen Apparat), anstatt sie mühsam in den Untergrund zu vertreiben, in denen man sie dann noch mühsamer suchen muss.

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