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Rechtsextremismus: Grausam gezeichnet

Eine junge Frau wollte einem kleinen Mädchen helfen und wurde selbst zum Opfer brutaler Rechtsextremisten. Die Männer ritzten ihr ein Hakenkreuz in die Haut. Die Polizei sucht nach den Tatverdächtigen und hat nur mäßigen Erfolg.

Von Frank Jansen

Chemnitz/Berlin - Am 3. November sah eine 17-jährige Frau, wie vier junge Männer vor einem Supermarkt ein Kind herumschubsten. Die Jugendliche eilte dem weinenden Mädchen zu Hilfe und rief den Angreifern zu, sie sollten aufhören. Die taten genau das Gegenteil: Sie rissen die 17-Jährige zu Boden. Drei Skinheads hielten die Frau fest, der vierte ritzte ihr mit einem scharfen Gegenstand, möglicherweise einem Tapeziermesser, an der Hüfte ein Hakenkreuz in die Haut. Dann verschwanden die Täter. So stellt sich aus der Sicht der sächsischen Polizei ein Verbrechen in der Kleinstadt Mittweida dar, das die weiter zunehmende Verrohung der braunen Szene zu belegen scheint.

Die Polizei erfuhr erst eine Woche später von dem Vorfall. Der Staatsschutz der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge befragte die 17-Jährige. Sie berichtete, Anwohner hätten auf den Balkons der Häuser nahe dem Supermarkt die Tat beobachtet. Die Polizei ermittelte in den Wohngebäuden, doch niemand wollte etwas bemerkt haben. Zweifel an der Darstellung der jungen Frau hat die Polizei jedoch nicht. Denn es gelang, das kleine Mädchen ausfindig zu machen, dem die 17-Jährige zu Hilfe gekommen war. Das Kind aus einer Familie von Spätaussiedlern bestätigte den Beamten den Ablauf der Tat, wie ihn die Frau geschildert hatte.

Angesichts des Verdachts, die Täter könnten aus der rechtsextremen Szene stammen, nahm sich die Polizei einschlägig bekannte Skinheads vor. Schließlich wurde ein 19-Jähriger aus der Region Burgstädt ermittelt, der die Frau festgehalten haben soll, als ihr das Hakenkreuz in die Haut geritzt wurde. Bei der Durchsuchung des Zimmers des Tatverdächtigen in der Wohnung seiner Eltern entdeckten die Beamten mit Sand gefüllte Lederhandschuhe, wie sie Hooligans bei Prügeleien einsetzen, und einen Button mit dem Aufdruck „Sturm 34“. Eine gleichnamige Neonazi-Kameradschaft hatte Sachsens Innenminister Alfred Buttolo (CDU) im April verboten. Der „Sturm 34“ habe in der Region Mittweida mit Überfällen auf Linke und Ausländer eine „national befreite Zone“ schaffen wollen, sagten die Sicherheitsbehörden.

Der 19-Jährige äußere sich nicht zu den Vorwürfen, hieß es am Freitagabend bei der Polizei. Dennoch hatte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt. Das Amtsgericht Chemnitz lehnte diesen aber ab, da die verletzte Frau den Mann nicht zweifelsfrei wiedererkannte. Die Polizei sucht jetzt mit Phantombildern zwei weitere Tatverdächtige.

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