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Rechtsextremismus: Internationales Neonazi-Treffen in Jena

Trotz zahlreicher Gegenaktionen und ein weites Bürgerbündnis gegen Rechts feierten mehrere hundert Rechtsextreme aus ganz Europa am Samstag das von der NPD organisierte "Fest der Völker".

Jena (12.06.2005) - Am 21. September vergangenen Jahres meldete der NPD-Kreisverband in Jena eine Kundgebung am zentralen Marktplatz an. Die Veranstaltung sollte unter dem harmlosen Namen "Fest der Völker - Für ein Europa der Vaterländer" stattfinden.

In kurzer Zeit wurde aber klar, dass es sich um ein rechtsradikales Rock-Konzert handelte - und so erließ die Stadt eine Verbotsverfügung. Das Verwaltungsgericht Gera bestätigte dieses, begrenzte das Verbot aber nur auf dem zentralen Marktplatz. Die Veranstaltung wurde auf einen am Rand der Innenstadt gelegenen Parkplatz verschoben. Statt der angekündigten zwölf Stunden wurde die Dauer des Festes auf sechs Stunden reduziert.

Schon in den frühen Morgenstunden des 11. Juni blockierten nach Polizeiangaben 500 Menschen den Parkplatz am Gries, um den Aufbau der Veranstaltung zu verhindern. Die Polizei zog sich nach kurzen Gerangel zurück und verzichtete auf eine Räumung der errichteten Straßenblockaden. Später gaben die Ordnungshüter bekannt, dass das Konzert in den kilometerweit entfernten Stadtteil Jena Lobeda verlegt worden war. Ein Demonstrationszug von mehrere Tausenden Menschen zog daraufhin Richtung Jena Lobeda, um dort eine Kundgebung gegen das Konzert zu abzuhalten.

Insgesamt kam es nur zu einzelnen Ausschreitungen zwischen rechtsextremen und Gegendemonstranten. Nach Polizeiangaben wurden 5 Rechtsextreme vorläufig festgenommen, da sie verbotene Symbole verwendet oder gegen das Versammlungsgesetz verstoßen hatten. Augenzeugenberichten zufolge wurden mehrere Rechte von der Polizei gezwungen, ihre Springerstiefel auszuziehen, um bei der Veranstaltung teilnehmen zu dürfen.

Ungefähr 450 Menschen nahmen an dem Konzert teil, das nach Polizeiangaben weitgehend friedlich verlief.

Parallel zu der rechtsextremen Kundgebung lief in Jena ein Theater- und Straßenfest rund um das Theaterhaus im Zentrum der Stadt. Schon seit einer Woche starteten täglich nach einem Friedensgebet in der Stadtkirche von Jena Demonstrationen gegen das angekündigte Neonazi-Konzert.

Gegen die Kungebung der NPD hatte sich in Jena in den vergangenen Wochen ein breites Bündnis gebildet. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus hatte den geplanten Neonazi-Aufmarsch als "unerträgliche Provokation" bezeichnet. Jeder Demokrat müsse sich davon eindeutig distanzieren. Sollte sich der Aufmarsch nicht mit juristischen Mitteln verhindern lassen, dann sollten die Thüringer den Rechtsextremisten friedlich aber deutlich zu verstehen geben, dass sie nicht willkommen seien, sagte Althaus.

Zum Protest aufgerufen hatten neben verschiedenen Antifa-Gruppen auch der "Runde Tisch für Demokratie", der Oberbürgermeister Peter Röhlinger (FDP) und alle im Stadtrat vertretenen Parteien, die Studentenräte der Uni und der Fachhochschule Jena, Gewerkschaften, die Handwerkerinnung, das Theaterhaus Jena, zahlreiche Verbände und Vereine und viele andere mehr. Sogar die als erzkonservative bekannten Burschenschaften "Arminia" und "Germania" aus Jena hatten sich kritisch gegenüber der NPD-Veranstaltung geäußert.

In den vergangenen Jahren wurden Veranstaltungen wie das "Fest der Völker" meistens in Osteuropa abgehalten. Letztes Jahr strömten für eine ähnliche Aktion über 6.000 Rechte nach Budapest.

Die diesjährige Kundgebung wurde von einer freien Kameradschaft namens "Nationaler Widerstand Jena" organisiert, die innerhalb des militanten rechtsextremen Netzwerkes "Thüringer Heimatschutz" aktiv ist. Weiterer Veranstalter war der Jenaer NPD-Kreisvorsitzende Ralf Wohlleben. Unter den Rednern befanden sich viele bekannte Gesichter der internationalen rechtsextremen Szene aus Rumänien, Italien Großbritannien und weiteren europäischen Ländern.

Besorgniserregend seien, nach Angaben der Organisatoren der Gegendemonstrationen, die Kontakte der Bands und Redner mit dem in Deutschland seit 2002 verbotenen, rechten musikalischen Netzwerk namens "Blood and Honour".

"Blood & Honour", zu deutsch "Blut und Ehre", ist ein breites europaweites Netzwerk der rechtsradikalen Szene, das sich um den Vertrieb rechter Skinhead- Musik und ausländerfeindlichen Propagandamaterials kümmert. Ein Blick auf ihre Internetseite genügt, um sich über die Inhalte des propagierten Materials klar zu werden. Trotz des Verbots des Netwerkes in Deutschland vor drei Jahren existieren weiterhin enge Kontakte zwischen "Blood and Honour" und der deutschen "braunen Szene". (Von Alvise del Pra') (tso)

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