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Politik: Rechtsextremismus: "Kommt ein Rechter, wechsle den Platz, als ob er stinkt"

Die sächsische Sonderkommission Rechtsextremismus "Soko Rex" hat schon fast einen "mystischen Ruf", glaubt Thomas Uslaub, der Sprecher des sächsischen Innenministeriums. Er vergleicht sie mit der GSG 9.

Die sächsische Sonderkommission Rechtsextremismus "Soko Rex" hat schon fast einen "mystischen Ruf", glaubt Thomas Uslaub, der Sprecher des sächsischen Innenministeriums. Er vergleicht sie mit der GSG 9. Die "Soko Rex" hatte 1991 ihre Geburtsstunde unter dem früheren Innenminister Heinz Eggert (CDU), als Reaktion auf die Ereignisse von Hoyerswerda. Dort gab es damals tagelang Krawalle vor einem Ausländerwohnheim.

Wo die Beamten mit ihren schwarzen Base-Capes auftauchen, haben rechtsextremistische Straftäter nichts zu lachen, sagt Uslaub. Das sei bekannt. Sie haben in Sachsen alle Hände voll zu tun.

Die "Soko Rex" ist das sächsische Aushängeschild, wenn von der Bekämpfung des Rechtsextremismus die Rede ist. Gern werden dafür Zahlen präsentiert. Der seit 1998 zu verzeichnende rückläufige Trend bei rechtsextremistischen Straftaten habe sich im ersten Halbjahr fortgesetzt, heißt es. Besonders bei Gewaltdelikten habe es einen Rückgang von mehr als einem Drittel gegeben, von 46 auf 30. Bei besonders schweren Straftaten übernimmt die "Soko Rex" die Ermittlungen. Von 1991 bis 1999 hat es insgesamt 791 dieser Ermittlungsverfahren gegeben, die durchschnittliche Aufklärungsquote wird mit bis zu 90 Prozent beziffert.

Doch trotz des jahrelangen polizeilichen Drucks fühlen sich die Rechtsextremisten in Sachsen offensichtlich wohl. Der Freistaat gilt als Hochburg der NPD, mit Schwerpunkten in der Sächsischen Schweiz, der Lausitz sowie in der Region zwischen Wurzen und Grimma. Ende 1998 war deren Mitgliederzahl auf 1400 gestiegen. Bei den Kommunalwahlen im Juni 1999 konnte die NPD sogar in einer ganzen Reihe kleinerer Städten Mandate erringen. In Königstein in der Sächsischen Schweiz bekam die rechtsextreme Partei sogar über elf Prozent. Der Absturz kam zu den Landtagswahlen im Herbst, als die NPD gerade mal auf 1,4 Prozent kam. Allerdings blieb Beobachtern schon damals nicht verborgen, dass die Partei bei der Wählergruppe der 18- bis 24-Jährigen immerhin neun Prozent erzielte und damit sogar die SPD überflügeln konnte, für die nur sieben Prozent der Jungwähler votierten.

Aktionismus ließ die Partei auch für Skinhaed-Cliquen attraktiv werden. Im Vorfeld der Wahlen aber wurde die Strategie geändert, da wurde auf große Aufmärsche verzichtet. Die Folge war ein Mitgliederverlust. Ende 1999 wurden noch 1000 Mitglieder gezählt. Die Partei kommt damit aber noch immer auf eine Mitgliederstärke, wie sie Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen haben. Jetzt wird in der Hoffnung auf steigende Mitgliederzahlen wieder marschiert.

Weniger Sorgen um ihre Mitgliedschaft müssen sich offensichtlich die militanten Skinhead-Cliquen und Kameradschaften machen. Der Mitgliederzahl stieg nach Angaben des Innenministeriums von 1998 auf 1999 von 900 auf 1100 leicht an. Erst im Juni konnte die "Soko Rex" bei einer Razzia gegen eine Gruppe, die sich "Skinheads Sächsische Schweiz (SSS)" nannte, ein umfangreiches Waffenlager ausheben. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Straftaten militanter rechter Gruppen und der NPD lässt sich aber Uslaub zufolge nicht belegen.

Obgleich sich die Sächsische Staatsregierung bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus dank "Soko Rex" auf der Erfolgsspur wähnt, klingt es etwas ratlos, wenn Regierungssprecher Michael Sagurna auf die beschränkten Möglichkeiten der Politik verweist. Er habe Zweifel, dass mit den rechtsextremen Gruppen ein Dialog überhaupt möglich sei. Der Regierungssprecher appelliert an die sächsischen Bürger, sich abzuwenden und den Platz zu wechseln, wenn ein Rechter in der Nähe sei, "als ob von dem Gestank ausgeht." Die Rechtsextremisten müssten spüren, dass sie ganz Deutschland für Idioten halte.

Ralf Hübner

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