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Politik: Rechtsextremismus: Wie im Ausland über rechte Gewalt in Deutschland berichtet wird

Wie reagieren die europäischen Nachbarn auf die Debatte über Rechtsextremismus in Deutschland und auf die rechten Gewalttaten? Einblicke aus Paris, Prag, London und Rom.

Wie reagieren die europäischen Nachbarn auf die Debatte über Rechtsextremismus in Deutschland und auf die rechten Gewalttaten? Einblicke aus Paris, Prag, London und Rom.

Frankreich: Die Franzosen hatten jahrelang eigene Sorgen mit der rechtsextremen "Front National". Die Aufmerksamkeit galt Nationalistenführer Jean-Marie Le Pen und seinem deutschen Gesinnungsgenossen Franz Schönhuber, nicht aber den Skinheads. Seit dem Attentat von Düsseldorf hat sich dies grundlegend geändert. Fast täglich berichten die Medien über die "rechtsextremen Neonazis" und die deutsche Debatte. Die Sorge über ein Wiederaufleben der braunen Vergangenheit ist seit dem Kanzler-Besuch in den neuen Ländern indes verflogen. "Schröder der Anti-Nazi" titelte der konservative "Figaro", nachdem der Kanzler im ehemaligen KZ Dora einen Kranz niedergelegt hatte. Die Debatte über ein Verbot der NPD und das Urteil in Dessau scheinen die Öffentlichkeit zu beruhigen.

Tschechien: In Tschechien wurde vor dem Urteil in Dessau der Fall lediglich in der Auslandsberichterstattung erwähnt. Selbst dort aber nimmt die Parteispendenaffäre der CDU deutlich mehr Platz ein. Auch die Korrespondentin des tschechischen Rundfunks zog am Mittwoch in ihrem Mittagsbericht aus Berlin die Auseinandersetzung zwischen Wolfgang Schäuble und Brigitte Baumeister vor. Dass es irgendwelche Stellungnahmen tschechischer Politiker zu der Untat in Dessau geben könnte, davon weiß weder die Öffentlichkeit noch das tschechische Außenministerium. Der Fall wurde in Tschechien so gut wie nicht reflektiert.

Großbritannien: Mit großer Sympathie berichten die britischen und irischen Zeitungen seit Wochen über den deutschen "Kreuzzug gegen den Rassismus" (so die "Irish Times"). Die gleiche Zeitung erhoffte sich von dem Prozess gegen die Mörder von Dessau ein "klares Signal, dass Deutschland nicht länger die Neo-Nazis und die Gewalt von Rechtsextremisten tolerieren wird". Der liberale "Guardian" in London erinnert in seinen Berichten daran, dass auch "Großbritannien seine Alberto Adrianos hatte. Aber die Häufigkeit dieser Angriffe in Ostdeutschland hat eine andere Dimension". Viele Reportagen beschäftigten sich mit dem sozialen Umfeld der rechten Gewalttäter. Der "Independent" weist dabei darauf hin, dass die Fremdenfeindlichkeit umso größer ist, je geringer der Anteil von Ausländern an der Bevölkerung ist. Die Zeitung kommt zu dem Schluss, dass die Einwanderungsgesetze gelockert werden müssten, damit die Ostdeutschen im Zusammenleben mit Fremden ihre in DDR-Zeiten aufgebaute Xenophobie verlieren.

Italien: Das Land beobachtet die rechtsextreme Szene in Deutschland zwar nicht aus erster Hand, das heißt, es kommen höchst selten Reportagen oder selbstrecherchierte Artikel in die Zeitungen oder ins Fernsehen. Aber die Aufmerksamkeit ist stets sehr groß, die Kommentarbereitschaft sowohl der Medien wie der Politiker kaum zu bremsen, wenn es Ausschreitungen gegeben hat oder die Regierung Maßnahmen gegen Skinheads oder rechtsextremistische Parteien ankündigt. Nahezu alle Blätter brachten die Reise von Kanzler Schröder in die neuen Bundesländer groß, das staatliche Fernsehen zwei Mal als Aufmacher in der Tagesschau. Gibt es Urteile in Prozessen gegen Neonazis, werden diese nur dann größer verarbeitet, wenn die Strafe extrem hoch ausgefallen ist oder umgekehrt sehr viel Milde gezeigt wurde. Über das Urteil von Dessau wird deshalb sicherlich ausführlicher berichtet werden.

rai, ebo, rak, beb

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