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Ob geschreddert oder nicht: Bei der Marzahner Schulaufsicht fehlen Unterlagen zu den Beschwerden über eine Gymnasialleiterin.

© dpa

NSU-Pannen: Sonderermittler entlastet Berliner Innensenator und Sicherheitsbehörden

Die Berliner Sicherheitsbehörden haben trotz einiger Versäumnisse offenbar die Ermittlungen zur Terrorgruppe NSU nicht behindert. Aber es gibt Hinweise auf Mängel bei Polizei und Verfassungsschutz.

Von Frank Jansen

Dies geht nach Informationen des Tagesspiegels aus dem knapp 90-seitigen Bericht des Berliners Oberstaatsanwalts Dirk Feuerberg hervor, der im Auftrag von Innensenator Frank Henkel (CDU) von Oktober bis Dezember 2012 Vorwürfe gegen Polizei und Verfassungsschutz untersucht hat. Demnach wurde die Suche nach den 1998 untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe nicht  erschwert, obwohl die Berliner Polizei den Hinweis eines V-Manns mutmaßlich für sich behielt. Feuerberg wird den Report am Montag dem Innenausschuss und dem Verfassungsschutzausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses vorstellen. Außerdem können die Parlamentarier abseits der Öffentlichkeit  Einblick nehmen in eine längere Fassung mit weiteren Details, die vertraulich bleiben sollen.

Der vom Landeskriminalamt seit 2000 geführte rechtsextreme V-Mann Thomas S. hatte im Februar 2002 berichtet, der Neonazi Jan W. habe derzeit Kontakt zu drei Personen aus Thüringen, die per Haftbefehl wegen Waffen und Sprengstoff gesucht würden. Da Jan W. im Februar 2002 seit Monaten  in Untersuchungshaft saß, war nach Ansicht des Sonderermittlers der Wert der Information des V-Mannes begrenzt. Außerdem wurde Jan W. im Mai 2002 nach seiner Haftentlassung  vom Thüringer LKA zum verschwundenen Trio befragt, ohne sachdienliche Hinweise zu geben.

Aus Sicht des Sonderermittlers hätte Thomas S. allerdings vom LKA gar nicht als V-Mann geworben werden dürfen, da der Rechtsextremist  einer der Tatverdächtigen im Verfahren gegen die Berliner Neonazi-Band „Landser“ war.

Der Fall  Thomas S., den die Bundesanwaltschaft im NSU-Verfahren als Beschuldigten führt, hatte im September größeres Aufsehen erregt. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages und das Berliner Abgeordnetenhaus fühlten sich zu spät informiert, da Innensenator Henkel bereits im März Kenntnis von dem Vorgang hatte. Aus Sicht von Sonderermittler Feuerberg war der Senator jedoch rechtlich nicht verpflichtet, umgehend die Parlamentarier zu informieren. Der im März vorliegende Beweisbeschluss des Untersuchungsausschusses hat sich nach Meinung Feuerbergs offenkundig nur auf Akten des Verfassungsschutzes bezogen. Es habe auch keine Rechtspflicht bestanden, das Berliner Parlament zu informieren, da Thomas S. ein V-Mann der Polizei und nicht des Verfassungsschutzes war. Über   besondere Vorkommnisse beim  Nachrichtendienst, auch im Zusammenhang mit V-Leuten, muss der Innensenator das Abgeordnetenhaus unterrichten.

Der Sonderermittler lässt offen, ob die Berliner Behörden auch auf eine Information von Ausschuss und Abgeordnetenhaus verzichteten, weil die Bundesanwaltschaft darum gebeten haben soll. Für Feuerberg steht in diesem Punkt Aussage gegen Aussage. Die Bundesanwaltschaft hat Berliner Angaben widersprochen, sie habe wegen der laufenden Ermittlungen im NSU-Komplex zur Verschwiegenheit geraten.

Die vom Berliner Verfassungsschutz im Juni 2012 vorgenommene Vernichtung von 57 Akten zum Rechtsextremismus war nach den Erkenntnissen Feuerbergs keine gezielte Vertuschung, sondern eine organisatorische Panne. Nach Meinung Feuerbergs hätte der Nachrichtendienst allerdings angesichts der laufenden NSU-Ermittlungen  mehr Sensibilität im Umgang mit Unterlagen zum Rechtsextremismus zeigen müssen.

Der Sonderermittler macht nach Informationen des Tagesspiegels auch mehrere Vorschläge für eine effektivere Arbeit der Sicherheitsbehörden. Feuerberg empfiehlt, der Berliner Verfassungsschutz solle verpflichtet werden, über Verbrechen, die ihm bekannt werden, der Polizei zu berichten. Außerdem sollte nach Auffassung des Sonderermittlers die Kooperation zwischen den Verfassungsschutzbehörden in Deutschland wie auch die Zusammenarbeit mit der Polizei deutlich intensiviert werden.

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