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Will die dänischen Rechtspopulisten gesellschaftsfähig machen: Kristian Thulesen Dahl als Gewinner am Wahlabend.

© Linda Kastrup/Reuters

Rechtspopulismus in Europa: Wie Dänemarks Rechte gesellschaftsfähig wurden

Bei der Wahl in Dänemark haben die Rechtspopulisten erheblich hinzugewonnen. Ihr Chef muss jetzt entscheiden, ob er mitregieren will.

Ein großer Sänger wird nie aus ihm werden. Doch das wird einen der nun mächtigsten Männer Dänemarks kaum stören. Nach dem fulminanten Sieg seiner rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei stimmte der überzeugte FC-Liverpool-Fan Kristian Thulesen Dahl die Vereinshymne „You’ll never walk alone“ an. Dissonanzen sahen ihm die begeisterten Parteimitglieder nach.

Kristian Thulesen Dahl pfiff Radikale zurück und setzt auf das Soziale

Schräge Töne gehörten lange zum Standardrepertoire der rechtspopulistischen Partei. Doch seit der smarte Thulesen Dahl vor knapp zwei Jahren den Parteivorsitz von der polarisierenden Pia Kjærsgaard übernahm, bemüht er sich um Harmonie. Der dreifache Vater legte das Ruder um. Allzu radikale Parteifreunde pfiff er zurück, und wichtiger noch: Der Sohn eines Lehrerehepaares versuchte erfolgreich in den vergangenen Monaten das Image einer ausländerfeindlichen Partei zu verändern. Er versprach höhere Ausgaben für das Pflege- und Gesundheitswesen und will die Renten erhöhen. Jeder fünfte Däne honorierte das und stimmte für die Partei, die in den vergangenen Jahrzehnten auch international immer wieder mit ausländerfeindlichen Parolen für Aufsehen sorgte.

Jetzt müssen Dänemarks Rechte entscheiden, ob sie mitregieren wollen

Jetzt ist der 45-Jährige Chef der größten bürgerlichen Partei. „Dieser Wahlkampf hat gezeigt, dass wir eine Partei sind, die von den anderen nicht mehr gemieden werden kann“, sagte Dahl am Wahlabend. Doch ob er sich an der nächsten Regierung beteiligen wird, ließ er noch offen. Allerdings ist der Druck auf Thulesen Dahl, der sich selbst als nationalkonservativer Sozialdemokrat versteht, auch größer geworden. Denn sollte er sich für eine Rolle außerhalb der Regierung entscheiden, wird er seinen Wählern erklären müssen, wieso die zweitgrößte Partei des Landes weiterhin als Stimmengeber ohne direkten Einfluss auf die Regierungspolitik agieren will. In der Vergangenheit war die Partei Nutznießer dieser Außenseiterposition: Sie musste nie faule Kompromisse gegenüber ihren Wählern verteidigen.

Kritiker bezeichnen ihn als Weichspüler. Tatsächlich hält der relativ junge Politiker, der seit 20 Jahren im dänischen Parlament sitzt, an den traditionellen Forderungen seiner Partei fest: schärfere Grenzkontrollen, striktere Asylpolitik und eine größere Distanz zu Brüssel. In den kommenden Monaten wird er zeigen müssen, ob ihm der Spagat zwischen sozialem Image und knallharter Ausländerpolitik gelingen wird.

Helmut Steuer

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