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Rede zum Tag der deutschen Einheit: Wowereit vermisst Gerechtigkeit in Deutschland und Europa

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kritisiert schärfer werdende Gegensätze in der Wohlstandsentwicklung in Deutschland und Europa. „Die Mehrheit teilt das Gefühl, es gehe bei uns nicht so gerecht zu, wie es zugehen sollte“, sagte er am Dienstagabend in der Frankfurter Paulskirche.

Für eine gerechte Wohlstandsentwicklung setzt er auf mehr Europa. Wirksamste Antwort auf die Globalisierung und Finanzkrise sei eine Vertiefung der Europäischen Union. „Doch die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich derzeit wieder“, sagte Wowereit. Bei der Rentenangleichung zwischen den alten und neuen Bundesländern habe es 22 Jahre nach der Vereinigung kein entscheidendes Vorankommen gegeben, sagte er weiter. „Vor allem junge Menschen wandern weiter Richtung Westen ab, dieser Prozess kehrt sich nicht um.“ Der Sozialdemokrat warf der Bundesregierung vor, den Trend zu verstärken, indem sie Fördermittel und Arbeitsmarktprogramme kürze.

In ganz Europa bestehe ein Gerechtigkeitsproblem, sagte Wowereit. Er verwies auf die hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland und Spanien. Eine neue Finanzarchitektur könne nicht in Kleinstaaterei, sondern nur als eine europäische Lösung errichtet werden. „Die Menschen werden es nicht mehr lang hinnehmen, dass Milliarden zur Bankenrettung bereit stehen, aber Investitionen in Bildung nicht bezahlt werden können.“ Auch der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) kritisierte die Wohlstandsverteilung in Deutschland. Er erinnerte in der Paulskirche daran, dass laut Unicef in Deutschland eine Million Kinder in Armut leben. „Das gehört auf unsere Titelseiten, nicht Euro-Rettung und Finanzkrise“, sagte er. Als Tag der Deutschen Einheit stehe der 3. Oktober aber auch für Stärke, fügte Feldmann hinzu. „Er zeigt, dass ein Wandel immer möglich ist.“

In der bayerischen Landeshauptstadt München finden am Mittwoch die offiziellen Feierlichkeiten zum 22. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung statt. Geplant ist zunächst ein ökumenischer Festgottesdienst um 10.00 Uhr in der Michaelskirche. Anschließend versammeln sich führende Repräsentanten von Staat und Gesellschaft am Mittag zu einem Festakt im Nationaltheater. An den Feierlichkeiten nehmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) teil, der derzeit auch als Präsident des Bundesrats amtiert. Die Feierlichkeiten werden jedes Jahr in einem anderen Bundesland ausgerichtet - zuletzt in Bonn in Nordrhein-Westfalen. (dapd/AFP)

Lesen Sie hier Wowereits Rede zum Tag der deutschen Einheit im Wortlaut.

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