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Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nicht sonderlich angetan, von der griechischen Idee, ein Referendum über die Sparpläne durchzuführen.

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Referendum: Merkel verlangt Klarheit von Griechenland

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann ihren Ärger über das griechische Referendum kaum verstecken. Vor ihrem Abflug zum Krisengipfel nach Cannes hat sie die Griechen zur Eile gemahnt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist wenig begeistert von den griechischen Referendums-Plänen. Zumindest kann sie ihren Ärger nur schwer verstecken. Vor einem Krisentreffen mit ihrem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy hat sie scherzhaft an die Vernunft der vom Staatsbankrott bedrohten Griechen appelliert. "Sie sind uns alle herzlich lieb, wenn sie sich vernünftig verhalten, sowohl die Griechen als auch die Türken", sagte Merkel am Mittwoch bei der Feierstunde zum 50. Jahrestag des offiziellen Beginns der Anwerbung türkischer Arbeitskräfte für Unternehmen in der jungen Bundesrepublik. Die Kanzlerin reagierte damit auf die Frage in einer Podiumsdiskussion, ob sie sich angesichts der anhaltenden Euro-Schuldenkrise in die Tage zurücksehne, als die Integration der Türken noch zu ihren größten politischen Problemen gehört habe.

Sie fordert Klarheit von Griechenland. Man müsse jetzt zu einem Punkt kommen "wo wir genau wissen, was jetzt erfolgt. Für uns zählen Taten", sagte Merkel am Mittwoch in Berlin unmittelbar vor ihrem Abflug zum Euro-Krisentreffen nach Cannes. Merkel verwies ausdrücklich auf die Beschlüsse des Euro-Gipfels in Brüssel vergangene Woche. "Von Seiten der Europäischen Union, zumindest für Deutschland kann ich das sagen, wollen wir das Programm auch umsetzen. Dafür brauchen wir aber Klarheit, und genau dazu dient heute Abend das Gespräch", sagte die CDU-Vorsitzende. "Für uns geht es um die Stabilität des Euros insgesamt. Das notwendige wird jetzt mit Griechenland heute zu besprechen sein." Bei dem Krisentreffen in Cannes wollen Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy gemeinsam mit den Spitzen von Europäischer Union, EU-Rat und Internationalem Währungsfonds (IWF) über die geplante Volksabstimmung in Griechenland beraten. Am Abend ist ein Treffen der Gruppe mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou geplant.

Die Bundesregierung ist offensichtlich verärgert über das überraschend angekündigte Referendum in Griechenland zu den internationalen Finanzhilfen. Regierungssprecher Steffen Seibert machte nach der Kabinettssitzung am Mittwoch deutlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die Pläne für eine Volksabstimmung "zur Kenntnis genommen" habe. Sie hätte es aber vorgezogen, wenn sie vorher informiert oder das Vorhaben auf dem EU-Gipfel vor einer Woche mitgeteilt worden wäre. Mit Blick auf die nächste Tranche der Hilfszahlung an Griechenland stellten Regierungssprecher klar, dass das Geld noch nicht ausgezahlt worden sei, eine Auszahlung aber auch nicht unmittelbar geplant gewesen sei. Dazu müsse eine "Anweisung" gemacht werden, "und das ist bisher nicht passiert", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus.

Auch die französische Regierung mahnt zur Eile und macht Druck auf Griechenland, schnell eine Entscheidung über den Verbleib in der Euro-Zone zu fällen. Die Griechen müssten "schnell und unzweideutig sagen", ob sie weiter dem Euro-Raum angehören wollten, forderte Premierminister François Fillon am Mittwoch vor dem Parlament. "Das griechische Volk muss daran erinnert werden, dass man nicht in Europa sein kann, um von seiner Solidarität zu profitieren, und außerhalb Europas, um der Disziplin zu entkommen, die für jedes Land gilt." Bei dem Referendum gelte es, zwischen der europäischen Solidarität als Gegenleistung für die Sparbemühungen und einem Staatsbankrott zu entscheiden.

Merkel wird im Vorfeld des G-20-Gipfels in Cannes noch am Mittwoch mit Sarkozy sowie den Spitzen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammentreffen. Das Gespräch war kurzfristig anberaumt worden, nachdem der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Volksabstimmung zu den Rettungspaketen für Griechenland angekündigt hatte. Die Ankündigung sorgte für erhebliche Unruhe an den Märkten, weil die mühsam in der vergangene Woche auf dem EU-Gipfel in Brüssel ausgehandelten Hilfsbeschlüsse durch diesen Schritt wieder nichtig werden könnten.

Der Bundesverband der deutschen Banken (BdB) verschärft angesichts des geplanten Referendums den Ton gegenüber der griechischen Regierung. "Der geplante Anleihetausch, der zu einer Schuldenreduktion für Griechenland führen soll, kann letztlich nur erfolgen, wenn die griechische Regierung bereit ist, ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten", sagte BdB-Geschäftsführer Michael Kemmer am Mittwoch laut Mitteilung in Berlin. "Solange das Ergebnis der Volksabstimmung nicht vorliegt, ist auch ein konkretes Angebot der griechischen Regierung für den geplanten Anleihetausch wenig sinnvoll." Die Banken stünden weiter zu den Vereinbarungen des Euro-Gipfels der vergangenen Woche. Daran hätten auch die Regierungspläne für eine Referendum nichts geändert. Bereits am Vortag hatte Kemmer die Pläne kritisiert. Dies habe die Märkte erheblich verunsichert. Wichtige Detailplanungen würden nun verzögert, schlimmstenfalls gar auf Eis gelegt. "Zudem ist vollkommen unklar, was passieren würde, wenn die griechische Bevölkerung das Hilfspaket ablehnt." Diese sich vermutlich über Wochen hinziehende Unsicherheit sei für die Stabilisierung der nach wie vor schwierigen Lage alles andere als hilfreich.

Der französische Europaminister Jean Leonetti hat die griechische Regierung aufgefordert, bei dem angekündigten Referendum die Frage nach dem Verbleib in der Euro-Zone zu stellen. Die Frage müsse lauten "Wollt Ihr in der Euro-Zone bleiben oder nicht?", sagte Leonetti am Mittwoch in einem Interview mit dem Fernsehsender LCI. Es gehe nicht, dass die Griechen den vergangene Woche vorgeschlagenen Rettungsplan ablehnten und gleichzeitig Mitglieder des Euro-Raums blieben. Ein Ausstieg aus der Gruppe der 17 Euro-Länder bedeute aber die Rückkehr zur Landeswährung und einen Staatsbankrott, warnte der Minister. Letztendlich seien die Konsequenzen eines solchen Schritts für Griechenland gefährlicher als für die Euro-Zone.

Die konservative griechische Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) lehnt das geplante Referendum zum Hilfsprogramm für Griechenland strikt ab und fordert eine Neuwahl. "Wir wissen noch nicht wie das Abkommen (zum Hilfsprogramm) aussehen wird. Wie soll man darüber entscheiden", sagte der Parteichef Antonis Samaras im griechischen Parlament. "Die Regierung ist verwirrt und muss jetzt weg", sagte er. Ministerpräsident Giorgos Papandreou habe mit seinen Ankündigungen eine weltweite Verunsicherung ausgelöst. „Was haben Sie für ein Ziel Herr Papandreou, Griechenland aufzulösen?“ fragte Samaras.

Das Referendum könnte nach den Worten Samaras zu Verwirrungen führen. Papandreou versuche die Griechen zu erpressen, indem er sagt, „entweder stimmt ihr dem Hilfsprogramm zu oder wir gehen raus aus Europa“ meinte Samaras weiter. Samaras forderte eine neue Wahl zum Parlament als einzigen Ausweg aus der Krise. Er kritisierte abermals die Politik der „Troika“ - aus EU, EZB und IWF - und der Regierung Papandreous. Diese würgten die griechische Wirtschaft mit dem harten Sparkurs ab. "Harte Sparmaßnahmen ja, aber auch Wachstum, damit das Volk nicht depressiv wird", sagte er. Am Mittwochnachmittag beginnt im griechischen Parlament eine dreitägige Debatte zur Vertrauensabstimmung an die Regierung, die Ministerpräsident Giorgos Papandreou gestellt hat. Die Abstimmung soll am Freitag um Mitternacht stattfinden. (AFP,dapd,dpa,Tsp)

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