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Reform-Streit: CDU lehnt Steuererhöhungen für die Gesundheit ab

CDU-Chefin Angela Merkel hat Steuererhöhungen oder einen so genannten Gesundheitssoli als "nicht notwendig" für eine Gesundheitsreform bezeichnet. Gegen mehr Steuern sprachen sich auch fünf Unions-Ministerpräsidenten aus.

Berlin - Vor der entscheidenden Koalitionsrunde zur Gesundheitsreform am Sonntagabend hat die Union Steuererhöhungen für die Reform ausgeschlossen. Für die kommenden Jahre seien Erhöhungen aus ihrer Sicht nicht notwendig, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der «Welt am Sonntag». Mehrere Ministerpräsidenten der Union erklärten, dass für sie Steuererhöhungen nicht in Frage kommen. In den von der FDP mitregierten Ländern droht derweil Widerstand gegen die Reform. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warf der Union Rücksichtslosigkeit gegenüber den Versicherten vor.

Merkel sagte der «WamS», die Union sei immer für die Entkopplung der Arbeitskosten von den Sozialkosten eingetreten. «Das bleibt auch richtig und ist notwendig für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland.» Grundsätzlich würden deshalb auch Steuermittel benötigt, um das System für den künftigen Solidarausgleich zu rüsten. «Das bedeutet aber nicht zwangsläufig Steuererhöhungen in den nächsten Jahren, denn Steuer- und Abgabenerhöhungen sind schädlich für das Wachstum», sagte Merkel. Damit erteilte sie Plänen für einen Gesundheitssoli eine Absage.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), sein bayerischer Amtskollege Edmund Stoiber (CSU), Thüringes Landeschef Dieter Althaus (CDU), Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und Sachsen-Anhalts Minsterpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sprachen sich ebenfalls offen gegen eine Steuererhöhung aus. «Die Mehrwertsteuer haben wir gerade erhöht, da ist nichts mehr zu machen», sagte Rüttgers dem «Focus». Auch ein Gesundheits-Soli sei seiner Meinung nach verfassungsrechtlich problematisch.

Rüttgers nannte es allerdings vertretbar, Steuermittel zur Mitfinanzierung der Gesundheitsausgaben der Kinder heranzuziehen. Dafür müssten aber gleichzeitig die Sozialbeiträge sinken. Stoiber forderte, «Schritt für Schritt auch durch Einsparungen im Bundeshaushalt, ohne dass Steuern erhöht werden» den geplanten Gesundheitskompromiss zu finanzieren. So wie Rüttgers nannte es aber auch Stoiber richtig, dass Kinder in den nächsten Jahren von der Allgemeinheit mitversichert werden. Gleichzeitig warnte der CSU-Chef vor zu großen Erwartungen. «Man sollte nicht unbedingt mit dem ganz großen Wurf rechnen», sagte er der «Süddeutschen Zeitung» (Samstagsausgabe).

Müller und sein sachsen-anhaltinischer Amtskollege Wolfgang Böhmer (CDU) drohten derweil in der «Bild am Sonntag» damit, der Gesundheitsreform im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern, falls diese zu höheren Steuern führe. In der «Welt am Sonntag» forderte Böhmer aber, das Gesundheitssystem langfristig über Steuern zu finanzieren.

Der Koordinator der FDP-Landesregierungen in NRW, Baden-Württemberg und Niedersachsen, Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), drohte in der «BamS», dass auch diese drei Länder der Reform die Zustimmung verweigern werden. «Wenn die große Koalition bei ihrer Linie bleibt, werden Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg der Gesundheitsreform im Bundesrat nicht zustimmen», sagte Hirche der «BamS». Er kritisierte eine geringere Wahlfreiheit für die Versicherten, höhere Zwangsumlagen und mehr Bürokratie, die durch die bisherigen Pläne drohten.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf Merkel vor, sich «unter das Joch der Provinzstrategen Stoiber, Rüttgers, Koch und Althaus» zwingen zu lasen. «So offenkundig tritt selten zu Tage, wie kurz die Elle ist, mit der Provinzfürsten messen: 2006 darf nichts angepackt werden, wenn man nicht weiß, ob es 2008 Stimmen bringt.»

Lauterbach nannte es «alarmierend», dass die Union am Ende der Diskussion den Vorschlag bringe, Leistungen auszugliedern, etwa für die gesamte Zahnbehandlung oder die gesamte Unfallbehandlung. «Das sind für die Versicherten Mehrkosten von mindestens 25 Euro im Monat, weil das privat versichert werden müsste», sagte Lauterbach dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Samstagsausgabe). «Der Mut, der bei den Strukturreformen fehlte, äußert sich jetzt in einer entsprechenden Rücksichtslosigkeit gegenüber den Versicherten», sagte Lauterbach. (tso/AFP)

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