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Politik: Reform und Repression

Chinas KP feiert 90. Geburtstag / Zum Machterhalt setzt sie auf Wachstum – und auf Unterdrückung

Überall im Land feiern „rote“ Revolutionslieder Wiederauferstehung, in denen die Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) verherrlicht wird. Pünktlich zum 90. Geburtstag der Partei, die am 1. Juli 1921 gegründet wurde, hat die Präsenz revolutionären Liedguts ihren Höhepunkt erreicht. Der Kampf der KPCh gegen ausländische Kräfte, die Gründung der Volksrepublik und auch der Öffnungsprozess unter Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping – auf all das wird gerne zurückgegriffen, um die Einparteienherrschaft der KPCh zu feiern.

Die Verbrechen Mao Tse-tungs werden bei der Rückschau einmal mehr ausgespart. Eine Debatte über dessen Herrschaft, die Millionen Chinesen das Leben kostete, soll vermieden werden. Dabei hat die Mao-Ära die folgenden Parteigrößen nachhaltig geprägt. „Das Leid unter Mao hat Chinas Führer der 1980er Jahre davon überzeugt, dass sie ökonomisch reformieren müssen, um ihre Legitimation wieder herzustellen, ihre Macht erhalten zu können“, sagt der Chinaexperte John Lee vom Zentrum für unabhängige Studien in Sydney der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“.

Tatsächlich ist es die Öffnung nach außen, die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte Chinas, die den Machterhalt der KPCh noch heute garantiert. Sie ist eine Antwort auf die Frage, warum die KPCh an der Macht ist, während kommunistische Parteien weltweit in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind – abgesehen von Staaten wie Kuba und Nordkorea, die unter kommunistischer Führung weitgehend isoliert und bankrott sind. „China hat sich in den letzten 30 Jahren aufgrund der Reform- und Öffnungspolitik rasant entwickelt. Unser Land muss diese Entwicklung fortsetzen“, erklärte Chinas Staatspräsident Hu Jintao am Freitag in seiner Festrede in Peking.

Demokratischen Reformen erteilte er eine Absage. Reformiert wird lediglich die Wirtschaft. Nur wachsender Wohlstand in der Bevölkerung sichert die Stabilität Chinas und damit die Macht der Partei, glaubt man in der Führung der KPCh. Autoritäre Politik, gepaart mit kapitalistischer Wirtschaft, von Peking als „Sozialismus chinesischer Prägung“ bezeichnet, scheint ein Erfolgsmodell zu sein, an dem sich einige asiatische und afrikanische Staaten orientieren wollen.

Doch der Aufschwung ist für die KPCh Heilsbringer und Problem zugleich. Immer weiter klafft der Abstand zwischen Arm und Reich. Noch immer leben Millionen Chinesen in Armut. Die Umweltzerstörung schreitet als Folge jenes ungebremsten Wachstums voran, das auch die Korruption in der Partei befeuert. Ob sich solche gesellschaftliche Probleme dauerhaft ohne politische Öffnung, ohne unabhängige Kontrollinstanzen lösen lassen, wird über deren Zukunft entscheiden.

Der Führung in Peking bleiben die Probleme nicht verborgen, doch nicht jedes lässt sich mit Geld und Härte lösen. Vergeblich versucht Peking zum Beispiel seit langem mit großangelegten Kampagnen und drakonischen Strafen, die ausufernde Korruption in der Partei in den Griff zu bekommen – ohne Erfolg. „Der Kampf gegen die Korruption bleibt eine wichtige Aufgabe und die Aufgabe ist noch mühsam“, gab Hu Jintao in seiner Rede zu. Besonders der Ruf lokaler Funktionäre ist in der Bevölkerung äußerst schlecht.

Doch mehr als die Korruption in den eigenen Reihen fürchtet Chinas Führung offenbar abweichende Meinungen. Anders lässt sich die verschärfte Verfolgung von Regimekritikern der letzten Monate kaum erklären. Der Künstler Ai Weiwei ist vorläufig frei, darf aber nicht frei sprechen. Weitere Regimekritiker werden eingeschüchtert, verschleppt oder sitzen in Haft. Unterdrückung und Verfolgung – allein darauf zu vertrauen, dass der wirtschaftliche Aufschwung den sozialen Frieden und damit auch den Machterhalt der KPCh dauerhaft sichert, will Chinas Führung nicht. Wer weiß, ob dieser auch in Zukunft anhält. Mit dem Instrument der Unterdrückung hat die KPCh in ihrer langen Geschichte ohnehin mehr Erfahrung.

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