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Auf die Lehrer kommt es an.

© Julian Stratenschulte/dpa

Reformen in der Schule: Konzentriert euch endlich auf den Unterricht!

Immer häufiger und immer tiefgreifender wird die politische Spielwiese Schule umgepflügt. Statt sich in vielen Reformen zu verlieren, sollte die Bildungspolitik sich das Wesentliche vornehmen. Ein Kommentar.

Die deutschen Länder haben nicht viele Politikfelder, auf denen sie sich voneinander abheben können. Ihre einzige große Spielwiese ist die Schule, weshalb die umso mehr und häufiger umgepflügt wird: Immer neue Schulformen müssen her, immer neue Debatten über die Länge der Schulzeit und den Beginn der Schulpflicht werden geführt, und immer wieder beteuern die Landespolitiker, dass sie all dies nur tun, um den Schülern zu helfen.

Wie unnötig dieser Aktionismus ist, offenbart ausgerechnet die aktuelle Vergleichsstudie, die im Auftrag der Kultusministerkonferenz die Kenntnisse der deutschen Neuntklässler beleuchtet hat. Ihre Entwicklungen zeigen, dass die Kompetenzen nicht von den Schulstrukturen abhängen, sondern in erster Linie von der Qualität des Unterrichts. Anders ausgedrückt: Je mehr die Lehrer durch Umstrukturierungen und gewagte Experimente wie das jahrgangsübergreifende Lernen von ihrer Arbeit abgelenkt sind, desto weniger lernen die Schüler.

Nun gibt es für neue Strukturen mitunter gute und unabweisbare Gründe: Das galt etwa für die Abschaffung der Hauptschule, die in manchen Ländern nur noch zur Verwahrung des Elends diente. Auch Ganztagsangebote müssen sein in einer modernen Gesellschaft. Aber diese – richtigen – Strukturveränderungen führen nicht automatisch zu besseren Leistungen, wenn Politik und Verwaltung nicht gleichzeitig die Qualität der Lehrerbildung, des Unterrichts und der Ganztagsangebote im Auge behalten.

Dass selbst gute Strukturen nicht weiterhelfen, wenn sie schlecht ausgestaltet sind, zeigt die sechsjährige Grundschule in Berlin: Anstatt mit diesem sozialdemokratischen Pfund zu wuchern, tun die Sozialdemokraten seit 20 Jahren alles, um dieses Pfund zu entwerten: durch schlecht gemachte Reformen wie die Früheinschulung, durch zu wenige Studienplätze für Grundschullehrer und durch die systematische Unterausstattung mit Fachlehrern. So konnte es passieren, dass die Berliner Neuntklässler bei der neuen Studie, abermals neben den Bremern, die bundesweit größte Risikogruppe enthalten. Hier wächst, mangels Ausbildungsfähigkeit, eine Generation Hartz IV heran – und zwar direkt unter den Augen einer Partei, die doch vor allem auf die Schwächsten achten wollte.

Es kommt nicht auf kostenlose Hortplätze an

Gewiss haben es die Stadtstaaten besonders schwer, weil sich in ihnen nicht nur die Menschen, sondern auch die Probleme ballen: Bremens und Berlins Plätze im Bildungsranking entsprechen eins zu eins ihren Plätzen in der Arbeitslosenstatistik, und ihre Schulen haben auch die höchste Quote der besonders bildungsfernen Migranten aus der Türkei und dem Libanon zu verkraften. Gerade deshalb müssten Berlin und Bremen mehr tun, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern, die als wirksamste Stellschraube für einen Erfolgskurs von den Verfassern der Studie klar identifiziert ist.

Vielleicht kommt diese Lehre ja noch rechtzeitig für die aktuellen Berliner Koalitionsverhandlungen: Wenn Rot-Rot- Grün den Schulen wirklich helfen will, muss nicht in kostenlose Hortplätze und Bonusprogramme investiert werden, sondern gezielt in besseren Unterricht. Das fängt bei der Ausbildung von Fachlehrern für die Grundschulen an und führt bis zu einer Qualitätskontrolle, die erst noch erfunden werden muss und sich nicht darin erschöpfen kann, dass alle fünf Jahre die Schulinspektion vorbeikommt.

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