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Reformen: Koalition ringt um Gesundheitsreform

Die große Koalition ringt um zentrale innenpolitische Reformprojekte. Wichtigstes Thema des Koalitionsausschusses bei Kanzlerin Angela Merkel soll am Sonntagabend in Berlin die Gesundheitsreform sein.

Berlin - Die Spitzen von Union und SPD wollten bei ihrem Treffen im Kanzleramt die Einführung des Gesundheitsfonds ab 2008 beschließen, berichtete die «Bild am Sonntag». Eine offizielle Bestätigung war nicht zu erhalten. Allerdings lassen bereits seit Tagen mehrere Gesundheitsexperten der Regierungsparteien ihre Sympathien für eine Fondslösung erkennen. Bundespräsident Horst Köhler forderte die Koalition zu ehrgeizigen Reformen auf.

Unklar war weiter, wer in einen Fonds einzahlen soll. Vor allem die Einbeziehung der Privatkassen blieb strittig. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) plädierte für die Beteiligung der Privaten an den Gesundheitskosten der gesetzlichen Versicherung. «Die Privaten übernehmen die Bevölkerungsgruppen mit den geringsten Risiken, und die mit dem größten Risiko bleiben bei den Gesetzlichen hängen», sagte er der «Bild am Sonntag». Der Vorsitzende des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV), Reinhold Schulte, entgegnete: «Mit dem Einbezug der PKV-Versicherten in das Fondsmodell würde das funktionierende System der PKV ohne Not abgeschafft.» Arbeitgeber, Bundesärztekammer und die Grünen wandten sich ebenfalls gegen Zwangszahlungen der Privaten in einen Gesundheitsfonds.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Unionsfraktions- Vizechef Wolfgang Zöller (CSU) wollten der Koalitionsrunde über den Stand in der Arbeitsgruppe Gesundheitsreform berichten. Die Partei- und Fraktionsspitzen von Union und SPD wollten die Grundstruktur der geplanten Gesundheitsreform festlegen. Vor dem Treffen war noch offen, ob und wann die Öffentlichkeit informiert wird.

Föderalismus- und Unternehmenssteuerreform als weitere Themen

Als weitere mögliche Themen der Koalitionsrunde galten die Föderalismusreform und die Unternehmensteuerreform. Bei der Föderalismusreform sind Änderungen im Bildungsbereich weiter umstritten. Nach bisherigem Stand fällt der Bereich Bildung künftig nur noch in die Kompetenz der Länder. Der Bund dürfte sich auch nicht mehr mit Fördergeldern engagieren. In der SPD-Bundestagsfraktion gibt es Vorbehalte gegen diese Kompetenzverlagerung. Aus der Union kamen unterschiedliche Stimmen. Bis zum 7. Juli sollen Bundestag und Bundesrat die Föderalismusreform beschließen.

Die für 2008 geplante Unternehmensteuerreform bringt nach Angaben Steinbrücks der Wirtschaft keine deutliche Netto-Entlastung. Der Spielraum sei eng, «sonst würden wir wieder alle Verschuldungsgrenzen sprengen», sagte er der «Bild am Sonntag». Kapitalgesellschaften sollten eine Steuerbelastung von «knapp unter 30 Prozent» haben. Bis Anfang Juli soll dem Kabinett ein Eckpunkte-Konzept vorgelegt werden.

Bundespräsident Köhler forderte die Koalition auf, die Massenarbeitslosigkeit durch energische Reformen zu bekämpfen. Die Agenda 2010 des früheren Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) sei eine Kurskorrektur in die richtige Richtung gewesen, sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. «Ich denke, dass die große Koalition an dieser Linie weiterarbeitet. Ich wünsche mir, dass sie die großen Aufgaben anpackt, und für mich ist die wichtigste innenpolitische Aufgabe, die Arbeitslosigkeit entschlossen und ehrgeizig zu bekämpfen.» Auch das Steuersystem solle grundlegend vereinfacht werden.

Nach einer Umfrage traut nur jeder Dritte der großen Koalition die Lösung der aktuellen arbeitsmarkt- und gesundheitspolitischen Probleme zu. Das ergab eine repräsentative Befragung von Infratest- Dimap für die Zeitung «Die Welt» (Montag). Das Institut hatte am 13. und 14. Juni 1006 Personen befragt. (tso/dpa)

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