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Politik: Regel und Ausnahme

Die SPD will für jeden Schulabgänger einen Ausbildungsplatz – es muss aber nicht per Gesetz sein

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Von Hans Monath

und Antje Sirleschtov

Die SPD traut der Wirtschaft nicht mehr zu, ihre Zusage einzuhalten, doch noch genügend Lehrstellen zu schaffen. Nur so könnte die Wirtschaft die Einführung einer Ausbildungsplatzumlage noch vermeiden. „Ich gehe schon davon aus, dass wir eine gesetzliche Grundlage bekommen werden“, sagte Generalsekretär Olaf Scholz mit Blick auf das geplante Umlagegesetz nach der Vorstandssitzung am Montag. Nach den bisherigen Erfahrungen mit Zusagen der Wirtschaft für die Ausbildung junger Menschen in Deutschland sei die Lage nicht so, dass „wir uns mit der bloßen Hoffnung zufrieden geben“.

Den laufenden Gesprächen der Fraktion mit der Wirtschaft über freiwillige Leistungen zur Verhinderung der von der Koalition geplanten Umlage werden in der SPD-Spitze offenbar keine großen Erfolgsaussichten eingeräumt. Es gebe von Seiten der Wirtschaft „keine ernsthafte Äußerung, wie das Problem gelöst wird“, sagte Scholz.

Auch die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Nicolette Kressl rechnet nicht mehr mit einer verbindlichen Zusage der Unternehmerverbände. Dennoch sei sie „sehr gespannt“, ob es im Zusammenhang mit den anstehenden Gesetzesverfahren neue Initiativen gebe, sagte sie dem Tagesspiegel. Diese müssten allerdings über freiwillige Verpflichtungsbekundungen hinausgehen. Sollten sich die Arbeitgeber allerdings doch bereit erklären, mit den Gewerkschaften kurzfristig Verhandlungen zu tarifvertraglichen Ausbildungslösungen aufzunehmen und diese in einer freiwilligen Selbstverpflichtung festschreiben, werde ihre Fraktion das prüfen. Mit einem Gesetzentwurf für die bundeseinheitliche Ausbildungsumlage rechnet Kressl frühestens in drei bis vier Wochen.

Zu erneuten Auseinandersetzungen innerhalb des SPD-Vorstands kam es am Montag über die Frage, ob in den Gesetzentwurf aufgenommen werden soll, dass regionale Bündnisse von Tarifpartnern und Politik, die zu einer hohen Ausbildungsquote führen, von der Zahlung in den bundesweiten Fonds ausgenommen werden könnten. Vor allem die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein befürchten, dass ihre landesweiten Ausbildungsinitiativen an Schwung verlieren werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die dortigen Unternehmen auch dann in einen Fonds einzahlen müssen, wenn innerhalb der Landesgrenzen alle Lehrstellenbewerber mit Ausbildungsplätzen versorgt wurden. In diesem Sinne argumentierten im Vorstand die Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis, ihr rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck und der NRW-Landesvorsitzende Harald Schartau.

Eine solche Ausnahmeregelung lehnen maßgebliche Teile der Fraktion jedoch mit dem Argument der „Solidarität“ ab. Im Vorstand bekräftigte der SPD-Fraktions- und designierte Parteichef Franz Müntefering nach Angaben von Teilnehmern den Willen, das Gesetz zur Ausbildungsumlage zu verabschieden. Kressl sagte dazu am Montag, es dürfe nicht dazu kommen, dass sich reiche Bundesländer einfach aus der Verantwortung für die jungen Menschen in ärmeren Regionen verabschieden.

Gegen eine Regionallösung spricht nach Ansicht der Gesetzesbefürworter auch die Tatsache, dass der Bundesrat ein Mitspracherecht bekäme, sobald regionale Ausbildungsverbünden Ausstiegsoptionen zugestanden werden. Die Länderkammer wollen die Koalitionsfraktionen jedoch auf jeden Fall außen vor lassen, weil sie dort mit einer klaren Ablehnung rechnen.

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