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Politik: Regierung: Alle Kraft auf Hartz

Disziplin und Detailarbeit sollen Stimmung wenden / Kein Investitionsprogramm vor NRW-Wahl

Berlin - Die Bundesregierung will alles daransetzen, in den kommenden Monaten mit disziplinierter Detailarbeit die triste Stimmung in der Bevölkerung zu wenden. Ein Investitionsprogramm steht trotz der noch steigenden Rekordarbeitslosigkeit und der bevorstehenden Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gegenwärtig nicht an. Vielmehr erwartet Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nach Tagesspiegel-Informationen, dass alle denkbaren Hemmnisse bei der Umsetzung der Arbeitsmarktreformen Harz I bis IV geprüft werden. Schröders Sprecher Bela Anda deutete dies am Freitag an, indem er besonders auch in Richtung von Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) die Regierungsmitglieder aufrief, „alle Kraft“ auf Hartz zu konzentrieren.

Hintergrund ist erstens, dass die Arbeitslosenzahl, die am Dienstag veröffentlicht wird, noch einmal gestiegen ist, vermutlich auf 5,2 Millionen. Im Kanzleramt hieß es, die hohe Arbeitslosigkeit werde als Zäsur gesehen. Zweitens soll die Regierung nach außen geschlossener auftreten. Zuletzt hatte sich Clement mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) über die Steuerpolitik gestritten. Clement hält Eichels Ansatz unverändert für zu „fiskalpolitisch“ und fordert eine raschere Planung und mehr politische Weitsicht. Eichel hat sich dagegen verwahrt, sogar vom Krankenbett aus. Schützenhilfe erhielt er vom Kanzler, der aber zugleich um einen Interessenausgleich bemüht ist.

Das Streitthema – der passende Zeitpunkt für eine Unternehmensteuerreform – ist insoweit vertagt, als es dazu eine Vorlage für den Bundestagswahlkampf 2006 geben soll. Schröder sieht das Vorhaben als „sehr komplex“ an und hat ein Gutachten der so genannten Fünf Weisen bis zum Jahresende angefordert. Parallel dazu wird allerdings eine von der SPD- Spitze eingesetzte Kommission unter Eichels Leitung ebenfalls bis zum Jahresende weiter an einem Vorschlag arbeiten. Clement schließt nicht aus, dass die Regierung die Unternehmensteuern doch noch vor der Bundestagswahl anpackt, dann aber 2006. Der Kanzler sieht nach Angaben Andas für sich selbst vorerst keinen Handlungsbedarf.

In der Visa-Affäre, neben der Arbeitslosigkeit die größte Gefahr für die Regierung, will Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sich an diesem Sonnabend zu Wort melden. Fischer, der seinen Rang als beliebtester Politiker eingebüßt hat, hatte 2002 mit seiner Popularität die Koalitionsmehrheit zu sichern geholfen.

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