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Frankreichs Staatschef François Hollande.

© AFP

Regierung für die Euro-Zone: Unions-Fraktionsvize Friedrich erteilt Hollandes Vorschlag Abfuhr

Frankreichs Präsident François Hollande möchte eine eigene Regierung für die Euro-Zone einrichten. Unions-Fraktionsvize Friedrich lehnt den Vorschlag strikt ab. Dahinter stecke der Versuch, "Europa über Technokraten" zusammenzuzwingen, sagt er.

François Hollande hat seine Landsleute und seine EU-Partner verblüfft. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem in Frankreich und anderen europäischen Ländern angesichts der Griechenland-Krise über Deutschlands Vorrangstellung debattiert wird, hat Frankreichs Präsident in einem Zeitungsbeitrag eine engere Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris sowie eine Vertiefung der Zusammenarbeit in der Euro-Zone gefordert. Länder, die einen entsprechenden Beschluss fassen, könnten eine „Avantgarde“ in der Euro-Zone bilden, schrieb Hollande in einem Beitrag für die Zeitung „Journal du Dimanche“. Hollandes Premierminister Manuell Valls präzisierte derweil, welche Länder neben Frankreich und Deutschland dieser „Avantgarde“ angehören könnten: Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg.

Hollande sieht sich als politischer Erbe von Jacques Delors

Dass Hollande gerade jetzt seinen Vorstoß unternimmt, hängt damit zusammen, dass der Staatschef den Versuch macht, an das Erbe von Jacques Delors zu erinnern, der am Montag in Paris seinen 90. Geburtstag feierte. Der frühere EU-Kommissionschef Delors ist Hollandes politischer Ziehvater. Deshalb nahm Hollande in seinem Zeitungsbeitrag den alten Vorschlag von Delors wieder auf, eine „Regierung der Euro-Zone“ zu schaffen. Zusätzlich, so forderte Hollande, solle ein eigenes Budget für die Euro-Zone und ein gesondertes Euro-Zonen-Parlament geschaffen werden. Valls kündigte derweil an, dass die Regierung im Herbst den EU-Partnern konkrete Vorschläge zur Vertiefung der Euro-Zone vorlegen werde.
Grundsätzlich ist man in Berlin – Griechenland-Krise hin, Griechenland-Krise her – damit einverstanden, dass es zu einer engeren wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit in der Euro-Zone kommt. Bereits im Mai hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Hollande in einem gemeinsamen Papier vorgeschlagen, dass die Euro-Zone ihre Wirtschaftspolitik und die Kooperation in steuerlichen und sozialpolitischen Fragen stärkt. Merkel und Hollande sprachen sich seinerzeit allerdings dagegen aus, im Zuge der angestrebten Reformen die EU-Verträge zu ändern.
Experten halten es aber für fraglich, ob zur Verwirklichung der jüngsten Vorschläge aus Frankreich nicht doch die europäischen Verträge modifiziert werden müssten. Wenn ein komplett neues Euro-Zonen-Parlament gegründet würde oder auch einige EU-Abgeordnete ein entsprechendes Doppelmandat erhielten, müssten die EU-Verträge geändert werden, erläuterte Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dagegen käme man ohne Vertragsänderung aus, falls im EU-Parlament nur ein neuer Sonderausschuss für Euro-Fragen gegründet würde, sagte er.

Schäuble sieht derzeit keine Möglichkeit für EU-Vertragsänderungen

Vertragsänderungen, die eine Vertiefung der Euro-Zone zum Ziel haben, dürften allerdings angesichts der zunehmenden EU-Skepsis derzeit politisch kaum durchzusetzen sein. Das Problem sieht auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der noch 1994 ein „Kerneuropa“ vorgeschlagen hatte – also einen harten Kern von EU-Staaten, welcher der von Hollande ins Spiel gebrachten „Avantgarde“ ähnelt. In der vergangenen Woche sagte Schäuble dem „Spiegel“, er sei „Realist“. Deshalb könne er „nicht behaupten, wir retten den Euro nur, wenn wir die Vertragsänderungen bekommen“.
Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich lehnte Hollandes Vorschlag einer „Regierung der Euro-Zone“ indes ab. „Man will Europa über Technokraten zusammenzwingen. Das geht schief“, sagte Friedrich dem Tagesspiegel. Auch der Idee eines eigenen Haushalts für die Euro-Zone erteilte der CSU-Politiker eine Abfuhr: „Ein Budget für die Euro-Zone bedeutet eine Entmachtung der nationalen Haushaltsverantwortlichen“, sagte Friedrich.

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