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Klare Fronten: Vor dem schwer bewachten Parlament in Kiew forderten Demonstranten die Absetzung der Regierung. „Das Parlament ist auf der Seite des Volkes“, steht auf dem Plakat. Doch die ukrainische Regierung überstand das Misstrauensvotum. Foto: Alexey Furman/dpa

© dpa

Politik: Regierung in Kiew trotzt dem Misstrauen

Votum im Parlament scheitert, die Opposition demonstriert weiter – und der Präsident reist nach China.

Im ukrainischen Parlament ging es am Dienstag – umzingelt von Tausenden von Demonstranten – wieder einmal hoch her. „Blut klebt an den Händen dieser Regierung, sie muss weg“, forderte ein Abgeordneter der nationalistischen Partei „Swoboda“ (Freiheit). Diebe und Analphabeten beherrschten das Land, begründete er den Misstrauensantrag der Opposition gegen Regierungschef Mykola Asarow und sein Kabinett. Doch alle Angriffe halfen nichts. Die drei Oppositionsparteien konnten nur eine Abgeordnete der regierenden Partei der Regionen auf ihre Seite ziehen. Die „Aktionsgruppe des Nationalen Widerstandes“ mag dieser Tage den Maidan beherrschen, im Parlament erlitt sie am Dienstag eine empfindliche Niederlage. Nur 186 von 450 Abgeordneten unterstützten den Misstrauensantrag gegen Asarow, 40 weniger als nötig.

„Wir ziehen zum Präsidentenpalast und fordern Asarows Entlassung von Janukowitsch“, rief der Fraktionschef von Julia Timoschenkos Partei Batkiwtschina (Vaterland), Arsenij Jatsenjuk. Tausende Demonstranten marschierten sofort vor dem Präsidentenpalast auf; die Sicherheitskräfte hielten sich diesmal zurück. Unterdessen forderten die Außenminister der 28 Nato-Staaten die Regierung der Ukraine auf, die „übermäßige Gewalt“ gegen Demonstranten zu stoppen.

Der grauhaarige Donezker Technokrat Asarow hatte sich zuvor bei der Opposition für die Gewaltexzesse vom Wochenende entschuldigt. „Ich strecke allen die Hände entgegen“, sagte er und forderte die Opposition dazu auf, nicht den Weg der „orangenen Revolutionäre“ von 2004 zu gehen und nicht nach einem Umsturz zu trachten. Dies allerdings ist das erklärte Ziel der „Aktionsgruppe des Nationalen Widerstandes“, wie Boxweltmeister Witali Klitschko auf dem Maidan wiederholte. Eine Staatsmacht, die die Ukraine Putin als Vasallenstaat zuführe, statt sich der Europäischen Union anzunähern, müsse abgesetzt werden, sagte er. Ziviler Ungehorsam, Streiks und Demonstrationen sollen zum Umsturz führen. Doch nur in Kiew und der Westukraine wird diese Anleitung zur Revolution halbwegs befolgt.

Auf der anderen Seite der Barrikaden steht die Halbinsel Krim. Am Dienstagabend verlangte deren Parlamentspräsident den sofortigen Beitritt der Ukraine zu Putins Zollunion. Asarow gab beiden Szenarien eine Abfuhr, betonte indes, seine Regierung suche weiterhin die EU-Annäherung. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Janukowitsch hätten miteinander telefoniert und dies vereinbart, erklärte Asarow. Brüssel habe die Aufnahme von Gesprächen über neue Stützkredite versprochen und wolle Kompensationszahlungen für das Wegfallen des russischen Absatzmarktes prüfen, verkündete er im Parlament. Nach der gewonnenen Abstimmung kündigte Asarow zudem eine Regierungsumbildung an. Vermutlich dürfte der Innenminister wegen des brutalen Polizeieinsatzes vom Samstagmorgen auf einen anderen Posten abgeschoben werden.

Unbeeindruckt von den Protesten in seinem Land hielt der Staatspräsident am Dienstag an seinen Plänen fest, bis Sonntag einen Besuch in China zu unternehmen. Dort will Janukowitsch um eine Finanzspritze für sein vom Bankrott bedrohtes Land werben. Bereits einmal hat ihm die Führung in Peking 10 Milliarden Dollar geliehen. „Diesmal wird China dies kaum wiederholen“, zitiert Reuters den angesehenen ukrainischen Politologen Wolodymyr Fesenko. Janukowitsch braucht dringend eine Summe von 17 Milliarden Euro, um Anfang 2014 Staatsschulden zurückbezahlen zu können.

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