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Regierung und Opposition: Im Bundesrat in Schwäche vereint

Im Bundesrat blockiert die Opposition mehrere Finanzgesetze der schwarz-gelben Koalition. Aber kann sie diese Haltung bis zur Wahl 2013 durchziehen?

Die Liste wird immer länger. Wenn die Bundesregierung sich am Mittwoch dafür entscheidet, bei den am Freitag im Bundesrat vorerst gescheiterten drei Finanzgesetzen den Vermittlungsausschuss anzurufen, dann liegen fünf Vorhaben in dem Gremium auf dem Tisch, bei denen es ums Geld geht. Um Einnahmen oder Belastungen für die Etats von Bund und Ländern. Um eine erkleckliche Finanzmasse also. Diese Gesetze sind bisher am Widerstand der von SPD und Grünen geführten Länder im Bundesrat aufgelaufen: am Freitag das Steuerabkommen mit der Schweiz, das Jahressteuergesetz mit einer Vielzahl von kleineren Einzelmaßnahmen und die Reform des Reisekostenrechts, zuvor schon die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung und der Abbau der kalten Progression beim Einkommensteuertarif.

CSU-Chef Horst Seehofer warf SPD und Grünen am Wochenende vor, die Ablehnung schwarz-gelber Gesetzentwürfe sei nichts als Wahltaktik. Sie wollten sich damit den Weg in die Bundesregierung ebnen. So wie es 1998 Oskar Lafontaine vorgemacht hatte mit einer gezielten Blockadepolitik im Bundesrat. Freilich gibt es einen Unterschied zwischen damals und heute: Lafontaine konnte als SPD-Chef eine zwar knappe, aber echte rot-grüne Mehrheit im Bundesrat einsetzen und damit zeigen, dass sich die Mehrheitsverhältnisse in Deutschland gewandelt hatten. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kann das nicht. Derzeit ist Rot-Grün zwar das stärkste Lager und verfügt über 26 Länderstimmen. Aber selbst ein Sieg im Januar in Niedersachsen würde zur eigenen Mehrheit nicht reichen, es wären nur 32 von 69 Stimmen. Erst mit den Stimmen von Rot-Rot in Brandenburg ließen sich auch Einspruchgesetze stoppen.

In Wirklichkeit stehen sich aktuell Schwarz-Gelb und Rot-Grün im Bundesrat in relativer Schwäche gegenüber. Es gibt keine echten Mehrheiten, je nach Fall entscheiden letztlich die großen Koalitionen aus Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland. Und die sind nicht die stärkste Abteilung, wenn es um Macht und Einfluss in den Parteien geht und um das Anbahnen möglicher Kompromisse.

Dazu kommt, dass auch in der Sache die Lage uneindeutig ist. Es gibt keine fundierte Strategie der Opposition, den Bundesrat wirklich als Blockadeinstrument zu nutzen. Beim Steuerabkommen mit der Schweiz war bis zuletzt erkennbar, dass etwa Grün-Rot in Baden-Württemberg kompromissbereiter sein würde als die der harten Linie zuneigende rot-grüne Koalition unter Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen. Außerdem sind die blockierten Gesetze für sich genommen keine wirklich große Affären, an denen sich grundsätzliche Gegensätze der politischen Lager festmachen ließen.

In der Union sieht man die Haltung der Opposition nicht ohne eine gewisse Verwunderung, vor allem beim Thema kalte Progression. Die Blockade werde vor allem der SPD eher schaden, glaubt man dort. Die Verweigerung einer Entlastung gehe gegen die Mitte, „gegen Handwerker und auch Facharbeiter“, ist sich etwa der hessische Bundesratsminister Michael Boddenberg (CDU) sicher. Selbst Steinbrück war einst als Finanzminister der Meinung, dass man bei der kalten Progression eigentlich etwas tun müsste. Immer mehr Mittelverdiener wachsen mit ihren Einkommen in den Spitzensteuersatz von 42 Prozent hinein und werden gerade bei Überstunden, Zusatzzahlungen und Nebenverdiensten vom Staat deftig herangenommen.

Widersprüchlich wirkt die Opposition, wenn sie einerseits bei Finanzgesetzen die Belastung der Länder durch die Bundesgesetzgebung beklagt (so etwa bei der Gebäudesanierung), andererseits aber das Steuerabkommen mit der Schweiz verhindern will, obwohl dieses nicht zuletzt den Ländern erhebliche Einnahmen bescheren würde. Gut möglich also, dass sich am Ende im Vermittlungsausschuss doch noch Kompromisse finden.

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