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Politik: Regierung unter Verdacht

Die Bürochefin von Israels Premier Olmert hat Hausarrest – es geht um Bestechung der Steuerbehörde

Israel stürzt von einem Skandal in den nächsten: Diesmal wird die Spitze der Steuerbehörde dringend der Korruption verdächtigt. Unter den 22 Tatverdächtigen, die zumindest vorübergehend festgenommen wurden, befindet sich auch die Bürochefin von Regierungschef Ehud Olmert.

In der Umgebung des Ministerpräsidenten wurde allerdings aufgeatmet: In diesem Fall scheint Olmert nicht in den Skandal verwickelt zu sein, der bis in sein Vorzimmer reicht. Gegen Olmert, der laut Umfragen als die korrupteste Persönlichkeit überhaupt angesehen wird, laufen allerdings noch mehrere Untersuchungen, unter anderem wegen zweifelhafter Immobiliengeschäfte und Verdachts der Korruption.

Im jüngsten Fall ist Olmerts Bürochefin Schula Zaken unter einen zehntägigen Hausarrest gestellt worden – und ist damit noch gut weggekommen. Denn ihr Bruder Joram Karschi, Jerusalemer Stadtrat, wurde zusammen mit mehreren Chefbeamten und anderen Prominenten in Untersuchungshaft genommen. Insgesamt wurden in der „Operation offene Karten“ 22 Personen festgenommen, von denen allerdings einige gegen Kaution wieder freigelassen wurden.

Die prominentesten Untersuchungshäftlinge sind neben Karschi der Chef der nationalen Steuerbehörde Jacky Matza, sein Vorgänger Eitan Rub, und mehrere Geschäftsleute. Sie wurden nach den Haftterminen am Mittwoch als wichtigste Tatverdächtige verhört. Die Geschäftsleute sollen nach Angaben der Polizei Ernennungen von hohen und höchsten Beamten bei der Steuerbehörde beeinflusst und als Gegenleistung Steuererleichterungen erhalten haben.

Schula Zaken soll noch als Sekretärin des damaligen Finanzministers Olmert gegen Bestechung Beförderungen in der Steuerbehörde angeschoben haben, darunter diejenige Matzas. Ihr Bruder, der zu diesem Zweck seine Beziehungen zu seiner Schwester ausgenutzt haben soll, wird nicht weniger als 19 Vergehen verdächtigt – darunter Bestechung, Korruption, Betrug und illegale Interventionen bei Ernennungen und Beförderungen. Matza wiederum soll sowohl Bestechungsgelder bezahlt als auch erhalten haben. Er wird des Amtsmissbrauchs, Betrugs und illegaler Ernennungen verdächtigt. Der Skandal geht weit über die Steuerbehörde hinaus. Der einflussreiche Wirtschafts- und Gesellschaftskolumnist Sever Plotzker befand denn auch: „Die Korruption im Steuersystem gefährdet Israels Stabilität mehr als die Attacken der Hisbollah.“

Während die Verhaftungswelle bei der Steuerbehörde lief, sagten drei Frauen in einem anderen Fall zugunsten des ehemaligen Justizministers Chaim Ramon vor Gericht aus. Ramon ist sexueller Belästigung angeklagt: Er soll einer Helferin im Amt des Ministerpräsidenten einen Zungenkuss aufgedrängt haben. Gegen einen anderen ehemaligen Justizminister, Zachi Hanegbi, derzeit mächtiger Vorsitzender des Knesset-Ausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik, ist Anklage erhoben worden, weil er Dutzenden Parteifreunden Jobs ohne die notwendigen Ausschreibungen verschafft hat.

Doch alle diese und andere, kleinere Affären und Skandale werden von der Sex-Affäre um Staatspräsident Mosche Katsav überragt. In wenigen Wochen muss das Staatsoberhaupt zurücktreten, wenn nämlich offiziell Anklage gegen ihn erhoben wird wegen zahlreicher Sittlichkeitsdelikte. Der Justizberater der Regierung und Chef der Anklagebehörde, Menachem Mazuz, hat bereits entschieden, dass eine Anklageschrift eingereicht wird. Noch nicht entschieden ist allerdings die Frage, ob diese auch den Anklagepunkt der Vergewaltigung enthalten wird. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Katsav zumindest eine seiner Sekretärinnen mehrfach vergewaltigt hat, doch müssen die Beweise nicht nur zur Anklageerhebung ausreichen, sondern auch eine Verurteilung garantieren. Die ohnehin angeschlagene Justiz kann es sich nicht erlauben, den Staatspräsidenten aus dem Amt zu drängen und danach nicht mit allen Anklagepunkten bei Gericht durchzukommen.

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