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Politik: Regierung weist Mahnung des Rechnungshofs zurück

Kontrolleure warnen vor Tricks bei Schuldenbremse / Finanzministerium verwahrt sich: Wir legen das Grundgesetz aus

Berlin - Die Bundesregierung hat die Vorwürfe des Bundesrechnungshofs zurückgewiesen, die günstige wirtschaftliche Lage nicht genügend zum Abbau der Staatsverschuldung zu nutzen. Die Auffassung des Rechnungshofes lasse sich mit den Vorschriften zur Schuldenbremse im Grundgesetz nicht begründen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer, am Montag. Außerdem habe der Rechnungshof der Bundesregierung nicht vorzuschreiben, wie die Verfassung auszulegen sei. Zwar habe der Rechnungshof „wichtige Funktionen“ und das Finanzministerium achte seinen Rat sehr, in diesem Fall „sind die vorgebrachten Argumente aber nicht neu“.

Der Bundesrechnungshof hatte in einem Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestages kritisiert, dass die Planungen der Bundesregierung einen zu großen Spielraum für Neuverschuldungen in den kommenden Jahren vorsehen. Dieser Spielraum bemisst sich an der Neuverschuldung des Bundes im laufenden Jahr. Konkret geht es um die dauerhafte Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben des Bundes. Je größer diese 2010 ausfällt, umso mehr Geld darf sich der Bund nach den Regeln der Schuldenbremse in den Folgejahren leihen. Das strukturelle Defizit 2010 hat die Bundesregierung bei über 53 Milliarden Euro angesetzt.

Der Bundesrechnungshof vertritt die Auffassung, dass dies zu hoch ist. Prognostiziert sei ein Defizit von 50 Milliarden Euro, wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung müsse weniger Geld aufgenommen werden. Außerdem müsse noch die November-Steuerschätzung abgewartet werden, um Aufschluss über das tatsächliche Defizit zu haben. Der Plan des Bundes sei mit Sinn und Zweck der Schuldenbremse kaum vereinbar.

„Die Bundesregierung ist der festen Überzeugung, dass so, wie sie die Haushaltskonsolidierung angeht, es den Geboten der Schuldengrenze im Grundgesetz entspricht“, betonte dagegen Regierungssprecher Steffen Seibert. Offer erklärte, es sei nicht möglich, einen neuen Wert für 2010 in die Defizitberechnungen einfließen zu lassen, auch wenn die November-Schätzung der Steuereinnahmen noch ausstehe. Die Finanzplanung des Bundes sei im Sommer festgelegt worden und werde nicht neu gefasst.

Der Sprecher des Finanzministeriums widersprach auch der Ansicht, die positive wirtschaftliche Entwicklung und die damit einhergehende bessere finanzielle Lage des Bundes zwängen zum schnelleren Schuldenabbau. Es sei schließlich fraglich, wie lange dieser positive Trend dauern werde: „Wie weit diese gute Situation anhalten wird, auch darüber gibt es eine gewisse Unsicherheit“, sagte Offer.

Die SPD äußerte die Vermutung, dass Schäuble an alten Zahlen festhalte, um Union und FDP die erwünschten Spielräume für schuldenfinanzierte Steuersenkungen zu schaffen. Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider verlangte in der „Süddeutschen Zeitung“, dem Finanzminister die Berechnung des strukturellen Defizits zu entziehen und sie dem Sachverständigenrat der „Fünf Weisen“ zu übertragen. rtr/AFP

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