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Politik: Regierung will Bagdad sichern

Erste Ankündigungen des neuen irakischen Kabinetts – doch seine Handlungsfähigkeit ist begrenzt

Die neue irakische Regierung unter Premierminister Nouri al Maliki will eine neue Sondereinheit zur Sicherung der Hauptstadt Bagdad schaffen. Dies erklärte al Maliki am Sonntag nach der ersten Sitzung des Kabinetts. Sie war von Gewalttaten überschattet, bei denen mindestens 20 Menschen starben. 13 davon wurden bei einem Bombenanschlag auf ein Restaurant in Bagdad getötet.

Der neue Sicherheitsplan solle zunächst zur Sicherung Bagdads beitragen, sagte al Malaki, in dessen Kabinett noch der Verteidigungs- und Innenmnister sowie der Minister für nationale Sicherheit fehlen. Die wichtigen Posten, über deren Besetzung bisher keine Einigung zwischen den verschiedenen Fraktionen erzielt werden konnte, sollen in den „nächsten zwei bis drei Tagen“ besetzt werden. Nach Angaben der pan-arabischen Tageszeitung „Al-Hayat“ sind zwei ehemalige Majore der irakischen Armee für die Posten vorgesehen: der Schiit Nasr Dahhan al Amiri für das Innenministerium und der Sunnit Bara Mohammed Naguib al Rubaie für das Verteidigungsministerium. Al Maliki kündigte zugleich einen Plan zur „nationalen Versöhnung“ in dem von bürgerkriegsartigen Zuständen geplagten Land an. Einzelheiten gab er jedoch nicht bekannt.

Am Sonnabend hatte das im Dezember gewählte Parlament die 35-köpfige Regierung bestätigt. Mehr als fünf Monate nach der Wahl war es al Malaki damit gelungen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, an der alle politischen Fraktionen, darunter auch die sunnitische Minderheit, beteiligt sind. Die schiitische Allianz, die über 130 der 275 Sitze im Parlament verfügt, erhielt insgesamt 17 Posten im Kabinett, darunter Finanzen und Erdöl. Der kurdische Block besetzt sechs Posten, darunter das Außenministerium. Der Zusammenschluss sunnitischer Gruppen bekam fünf Sitze ebenso wie die säkulare Liste von Ex-Premier Ijad Alawi, die die Ressorts Justiz und Menschenrechte besetzte.

Doch die Vakanzen wichtiger Ministerämter machen noch einmal deutlich, wie schwierig bis unmöglich es ist, die Interessen von Kurden, Schiiten und Sunniten, von religiösen und eher säkular eingestellten Irakern, von Anhängern eines extrem föderalen Systems und ihren Gegnern zu vereinen. Auf der einen Seite war es trotz des Wahlsieges der schiitischen Parteienallianz notwendig, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, um ein weiteres Auseinanderdriften des Landes zu verhindern. Andererseits macht die Rücksichtnahme auf die Wünsche aller Beteiligten durchgreifende Reformen schwierig. Auch ist die Macht des Premiers laut Verfassung durch den Präsidenten und das Kabinett derart eingeschränkt, dass beispielsweise Entscheidungen in Sicherheitsfragen nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament möglich sind.

In der irakischen Presse wurde die Regierungsbildung unterschiedlich beurteilt. Die kurdische Zeitung „Ittihad“ gab sich optimistisch und begrüßte, dass „keine einzige Gruppe das Monopol auf Politik“ habe. Die unabhängige Zeitung „Irak“ dagegen gab sich kritisch: „Es ist eine verkrüppelte Regierung, der beide Füße fehlen – die für Sicherheit zuständigen Ministerien.“ Es sei eine „Schande“, dass persönliche Interessen und Politik solchen Einfluss auf die Ernennung dieser beiden Minister hätten.

Die pan-arabische Tageszeitung „As- Sharq al-Awsat“ setzt keinerlei Hoffnung in die neue irakische Regierung – wegen der ethnischen und konfessionellen Spannungen, die selbst die Regierungsbildung bestimmten. „Diese Regierung wird nicht lange halten. Vielmehr wird sie mehr Massaker nach sich ziehen und Terroristen in der Region und weltweit stärken“, fürchtet die in London ansässige Zeitung.

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