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Regierungsbildung: Rückkehr der "Eisernen Lady" der Ukraine

Nach monatelangen zähen und teilweise turbulenten Verhandlungen haben sich die pro-westlichen Parteien in der Ukraine auf eine Neuauflage ihrer Orangenen Koalition geeinigt. Julia Timoschenko soll erneut Regierungschefin werden.

Kiew - Die Partei Unsere Ukraine von Präsident Viktor Juschtschenko, der Block von Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und die Sozialisten seien zu einem Abkommen gelangt, sagten Vertreter der drei Gruppierungen am Mittwoch. Die Abgeordneten der drei Parteien müssen der Einigung allerdings noch zustimmen. Timoschenko soll laut ihrer Partei erneut Regierungschefin werden. Sie und Juschtschenko hatten Ende 2004 die Orangene Revolution angeführt, sich aber ein Jahr später im Streit getrennt.

"Heute können wir verkünden, dass es zwischen uns absolut keine Meinungsverschiedenheiten mehr gibt», verkündete eine strahlende Timoschenko am Mittwoch im Fernsehen. Juschtschenkos Sprecherin bestätigte, «wir liegen im Endspurt». Sozialistenchef Olexander Moros wiegelte jedoch ab: Einige Bereiche des Koalitionsvertrags, vor allem über die Regionalregierungen, müssten noch nachgebessert werden. Nach Angaben aus den drei Parteien sollten die Abgeordneten noch am Mittwoch die Vereinbarungen unterzeichnen. Mit der formellen Bekanntgabe der Koalition werde Donnerstag oder Freitag gerechnet.

Nach heftigem Koalitionskrach hatte Juschtschenko im September seine einstige Mitstreiterin Timoschenko als Regierungschefin entlassen. Der Streit führte zu einer Spaltung der Reformkräfte, das persönliche Verhältnis zwischen den beiden Helden der Orangenen Revolution gilt seitdem als zerrüttet. Bei der Parlamentswahl am 26. März wurde die pro-russische Partei der Regionen von Ex-Regierungschef Viktor Janukowitsch mit 186 der 450 Mandate stärkste Kraft, doch reichte es nicht zu einem Bündnis mit den Kommunisten. Timoschenkos Block, mit 129 Sitzen die zweitstärkste Partei, Unsere Ukraine und die Sozialisten verfügen gemeinsam über 243 Mandate und damit über eine knappe Mehrheit.

Neuwahlen gerade noch abgewendet

Vor allem der Streit um Ämter, einen möglichen Beitritt der Ukraine zur Nato und die künftige wirtschaftliche Ausrichtung verhinderte eine Einigung zwischen Juschtschenko, seiner populistischen Ex-Mitstreiterin und Sozialistenchef Moros. Immer wieder wurden Berichte über eine unmittelbar bevorstehende Einigung wieder zurückgezogen. Die Regierung war gelähmt, drängende politische und wirtschaftliche Reformen wurden aufgeschoben. Derweil drängte die von der Verfassung vorgegebene Zeit: Stünde das Land am Wochenende und damit drei Monate nach der Wahl immer noch ohne neue Regierung da, hätte Präsident Juschtschenko Neuwahlen ansetzen können.

Zumindest in zwei Punkten konnten die alten und neuen Koalitionäre ihren Streit offenbar beilegen: Über einen Nato-Beitritt der Ukraine soll laut Sozialistenchef Moros das Volk in einem Referendum entscheiden. Nach Angaben eines Abgeordneten des Timoschenko-Blocks ist auch die künftige Verteilung der Spitzenämter klar: Das einflussreiche Amt des Parlamentspräsidenten fällt demnach Juschtschenkos Partei zu, Timoschenko übernimmt die Regierungsspitze, die Sozialisten stellen den Vize-Premier.

(tso/AFP)

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