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Verhofstadt

© dpa

Regierungsbildung: Verhofstadt soll Belgien retten

Nach Monaten der gescheiterten Koalitionsverhandlungen wird es in Belgien offenbar eine Übergangsregierung unter der Führung des bisherigen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt geben. Die Belgier selbst sind zunehmend genervt von den Querelen.

Der politische Stillstand in Belgien soll mit der Bildung einer Übergangsregierung überwunden werden. Sechs Monate nach den Parlamentswahlen betraute König Albert II. den scheidenden Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt mit der Bildung einer "Übergangsregierung", die "dringende Angelegenheiten" regeln solle, hieß es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung des Königshauses. Zudem sollten "Verhandlungen aufgenommen werden, die zu einer Reform der Institutionen führen". Der flämische Christdemokrat Yves Leterme, dessen CDV stärkste Kraft im Parlament wurde, sprach sich für eine Beteiligung der Sozialisten an der Regierung aus.

Verhofstadt, dessen flämische Liberale die Wahl am 10. Juni verloren hatten, solle den König "in den kommenden Tagen" informieren, hieß es in der Erklärung des Palastes weiter. Die Vorgängerregierung unter Verhofstadt hatte die Amtsgeschäfte weiterführen müssen, weil Leterme mit der Bildung einer Koalitionsregierung mehrfach gescheitert war.

Wirtschaft unglücklich mit politischer Blockade

Im Land wächst unterdessen der Unmut über den Stillstand. Die drei größten Gewerkschaften forderten in einer Demonstration Maßnahmen gegen Probleme wie die schwindende Kaufkraft ein. Die belgische Wirtschaft ist über die Auswirkungen des Stillstands auf ausländische Investoren besorgt.

Leterme bekräftigte in einem Interview seinen Führungsanspruch: "Ich bin und bleibe der Kandidat meiner Partei für das Amt des Ministerpräsidenten", sagte er der Zeitung "La Libre". Zugleich räumte Leterme ein, dass seine bisherigen Pläne für eine Koalitionsregierung gescheitert seien. Er will nun in einer großen Koalition auch die Sozialisten an der Regierung beteiligen. Dies lehnt ein Teil seiner anderen Koalitionspartner aber ab.

Regierung soll Verfassungsänderung in Angriff nehmen

Einer Regierung, die sich nur auf die liberalen und christdemokratischen Parteien im niederländischsprachigen Flandern und in der frankophonen Wallonie sowie dem überwiegend Französisch sprechenden Brüssel stützt, werde keine ausreichende Glaubwürdigkeit entgegengebracht, sagte Leterme. Auch gebe es bei einem solchen Bündnis keine ausreichenden Garantien für die geplante Reform der staatlichen Institutionen, für die im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist. Die künftige Regierungskoalition solle daher auch die sozialistischen Parteien beider Sprachgruppen umfassen. Eine solche Koalition haben die frankophonen Liberalen bisher entschieden abgelehnt.

Letermes ursprünglich geplante Koalition aus Liberalen und Christdemokraten hätte bereits eine klare Mehrheit von 81 der 150 Parlamentssitze. Letermes frankophone Partner lehnen aber die von den flämischen Parteien geforderten zusätzlichen Kompetenzen der Regionen ab. Zudem trifft der Flame bei den französischsprachigen Belgiern zunehmend auf Vorbehalte. Am Wochenende machte der Christdemokrat erneut Negativ-Schlagzeilen, weil er dem frankophonen öffentlich-rechtlichen Sender RTBF tendenziöse Berichterstattung vorwarf und einen indirekten Vergleich mit Radio Mille Collines zog. Dieser Sender hatte während des Bürgerkriegs in Ruanda 1994 zum Mord an den Tutsi aufgerufen. (jvo/AFP)

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