zum Hauptinhalt
Merkel

© dpa

Regierungserklärung: Die Kanzlerin sagt, wie sie regieren will

Seit zwei Wochen ist die schwarz-gelbe Regierung im Amt. Viele Fragen insbesondere zur Steuerpolitik haben sich seither aufgetan. Im Bundestag bezieht Merkel nun Stellung.

Zwei Wochen nach ihrer Wiederwahl hat Angela Merkel (CDU) am Dienstagvormittag im Bundestag ihre erste Regierungserklärung gegeben und die Aufgaben für Schwarz-Gelb skizziert. Zu Beginn der Regierungsarbeit müsse eine "schonungslose Analyse der Lage unseres Landes stehen", sagte Merkel. "Anschließend ziehen wir die richtigen Konsequenzen."

Besonders im Hinblick auf die Wirtschaftskrise wurde die Kanzlerin ernst: "Deutschland steht vor einer Bewährungsprobe wie seit der deutschen Einheit nicht mehr." Sie wolle, dass Deutschland zu neuer Stärke geführt werde. Es gehe um kurzfristige Krisenbewältigung und zugleich langfristige Weichenstellungen. "Wir können scheitern, oder wir können es schaffen. Beides ist möglich. Und ich will, und wir wollen, dass wir es schaffen."

Merkel prognostizierte, dass die Krise ihre volle Wirkung erst im kommenden Jahr zeigen werde. Nur die Verlängerung der Kurzarbeit habe die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland bisher einigermaßen gering gehalten. Die schwarz-gelbe Regierung werde das Kurzarbeitergeld erneut verlängern.

Keine Einsparungen trotz Rekordverschuldung

Die Bundeskanzlerin erteilte massiven Einsparungen angesichts der Rekordverschuldung eine klare Absage. Um das im kommenden Jahr erwartete Defizit im Bundesetat von 86 Milliarden Euro auszugleichen, wäre das größte Streichungspaket in der Geschichte Deutschlands notwendig. Dies sei aber keine Alternative. Die Koalition habe sich dafür entschieden, jetzt rasch die Voraussetzungen für mehr Wachstum zu schaffen.

In diesem Zusammenhang bat Merkel den Bundestag um Unterstützung für den Fahrplan, um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz rasch zu beschließen. "Denn jetzt ist Entschlossenheit gefragt." Die Pläne sehen ab 2010 Steuerentlastungen von bis zu 8,5 Milliarden Euro jährlich vor. Am Montag hatte das Kabinett das Gesetz auf den Weg gebracht.

Die wachsenden Zweifel an der von Union und FDP für 2011 angestrebten großen Steuerreform wies Merkel vehement zurück. "Und deshalb werden wir auch im Jahr 2011 noch einmal einen weiteren Wachstumsimpuls setzen, und zwar in Form von Einkommensteuersenkungen", sagte Merkel. "Diesen Impuls werden wir auch dazu nutzen, um strukturelle, langfristige Veränderungen im Steuersystem vorzunehmen." Im Koalitionsvertrag von Union und FDP steht, dass eine Reform mit Stufentarif "möglichst" 2011 kommen solle.

Merkel sagte zum Steuersystem: "Einfach, niedrig und gerecht – das muss die Maßgabe sein, dafür stehen wir ein." Leistungsfeindliche Elemente wie der sogenannte Mittelstandsbauch müssten schrittweise abgebaut werden, Kinder müssten im Steuerrecht mittelfristig wie Erwachsene behandelt werden. Details ließ die Kanzlerin offen.

"Schluss mit reflexartigen Reaktionen"

Auch verteidigte Merkel in ihrer Rede die umstrittenen Pläne von Schwarz-Gelb in der Gesundheits- und Pflegepolitik. "Es muss Schluss sein mit den reflexartigen Reaktionen." Die Arbeitskosten müssten von den Gesundheitskosten entkoppelt werden. Bei der Pflege komme "die Ergänzung der Umlagefinanzierung durch eine Kapitaldeckung".

Der Zusammenhalt von Jung und Alt könne nur bewahrt werden, wenn steigende Kosten nicht nur der jüngeren Generation angelastet würden. "Wir werden am Ende nicht weniger Zusammenhalt, sondern mehr Zusammenhalt haben." Im Gesundheitsbereich solle jeder die nötige medizinische Versorgung bekommen.

Kritik an GM

Den Opel-Mutterkonzern General Motors kritisierte Merkel scharf und forderte ein überzeugendes Sanierungskonzept. GM sei über Monate nicht in der Lage gewesen, "seiner Verantwortung als Mutterkonzern gerecht zu werden", so Merkel. Sie machte dem US-Konzern klar, dass der deutsche Steuerzahler nicht die Hauptlast der Opel-Sanierung bezahlen werde. GM müsse den Hauptanteil aus eigenen Mitteln tragen. Bund und Länder seien aber grundsätzlich bereit, Hilfen zu prüfen.

Die Opel-Beschäftigten hätten große Opfer gebracht und von GM Verlässlichkeit erwartet: "Sie wurden tief enttäuscht." Merkel machte keinen Hehl daraus, dass auch sie persönlich sich vom GM-Management getäuscht fühlt. Die Absage an den strategischen Investor Magna bedauere sie außerordentlich.

Steinmeier wirft Regierung "katastrophalen Fehlstart" vor

Im Anschluss an die Regierungserklärung folgte die Generaldebatte. Dabei nutzte die Opposition die Gelegenheit, die Pläne von Schwarz-Gelb zu kritisieren.

Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier (SPD) warf der neuen Bundesregierung in seiner Antwort auf Merkels Rede einen "katastrophalen Fehlstart" und einen Kurs der sozialen Spaltung vor. Er hielt der Bundeskanzlerin vor, die Bürger bewusst über kommende Belastungen im Unklaren zu lassen. Auch nach der Regierungserklärung der Kanzlerin sei man kein Stück schlauer. "Vernebeln als Strategie, das hat Methode in dieser Koalition", sagte Steinmeier.

"Dieses Land wird gespalten", sagte der ehemalige Außenminister mit Hinweis auf das schwarz-gelbe Koalitionsabkommen. Dort würden keine Mauern eingerissen, sondern neue hochgezogen. Als "ökonomische Geisterfahrerei"  bezeichnete er die geplanten "Steuersenkungen auf Pump" bei zusätzlichen Schulden in Rekordhöhe.

Steinmeier erinnerte daran, dass FDP-Chef Guido Westerwelle als Oppositionsführer immer wieder erklärt habe, die Schulden von heute seien die Steuererhöhungen von morgen. "Und jetzt sind Sie der Schuldenmacher der Nation", rief er seinem Nachfolger im Außenministerium zu. Die neue Koalition habe schon in den ersten Tagen gezeigt, dass sie nicht in der Lage sei, kraftvoll zu regieren. Sie habe dafür keinen eigenen Plan. "In dieser Regierung steckt der Wurm. Und deshalb haben Sie die schönsten Tage ihrer Regierungszeit schon hinter sich", rief er zum Schluss Merkel zu.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false